1
DAS VORWORT: 1,1–4
1 Schon viele haben es unternommen, eine Erzählung über die Ereignisse abzufassen, die sich unter uns erfüllt haben.
2 Dabei hielten sie sich an die Überlieferung derer, die von Anfang an Augenzeugen und Diener des Wortes waren.
3 Nun habe auch ich mich entschlossen, nachdem ich allem von Beginn an sorgfältig nachgegangen bin, es für dich, hochverehrter Theophilus, der Reihe nach aufzuschreiben.
4 So kannst du dich von der Zuverlässigkeit der Lehre überzeugen, in der du unterwiesen wurdest.
Die Ankündigung der Geburt Johannes’ des Täufers: 1,5–25
5 Es gab in den Tagen des Herodes, des Königs von Judäa, einen Priester namens Zacharias, der zur Abteilung des Abija gehörte. Seine Frau stammte aus dem Geschlecht Aarons; ihr Name war Elisabet.
6 Beide lebten gerecht vor Gott und wandelten untadelig nach allen Geboten und Vorschriften des Herrn.
7 Sie hatten keine Kinder, denn Elisabet war unfruchtbar und beide waren schon in vorgerücktem Alter.
8 Es geschah aber, als seine Abteilung wieder an der Reihe war und er den priesterlichen Dienst vor Gott verrichtete,
9 da traf ihn, wie nach der Priesterordnung üblich, das Los, in den Tempel des Herrn hineinzugehen und das Rauchopfer darzubringen.
10 Während er nun zur festgelegten Zeit das Rauchopfer darbrachte, stand das ganze Volk draußen und betete.
11 Da erschien dem Zacharias ein Engel des Herrn; er stand auf der rechten Seite des Rauchopferaltars.
12 Als Zacharias ihn sah, erschrak er und es befiel ihn Furcht.
13 Der Engel aber sagte zu ihm: Fürchte dich nicht, Zacharias! Dein Gebet ist erhört worden. Deine Frau Elisabet wird dir einen Sohn gebären; dem sollst du den Namen Johannes geben.
14 Du wirst dich freuen und jubeln und viele werden sich über seine Geburt freuen.
15 Denn er wird groß sein vor dem Herrn. Wein und berauschende Getränke wird er nicht trinken und schon vom Mutterleib an wird er vom Heiligen Geist erfüllt sein.
16 Viele Kinder Israels wird er zum Herrn, ihrem Gott, hinwenden.
17 Er wird ihm mit dem Geist und mit der Kraft des Elija vorangehen, um die Herzen der Väter den Kindern zuzuwenden und die Ungehorsamen zu gerechter Gesinnung zu führen und so das Volk für den Herrn bereit zu machen.
18 Zacharias sagte zu dem Engel: Woran soll ich das erkennen? Denn ich bin ein alter Mann und auch meine Frau ist in vorgerücktem Alter.
19 Der Engel erwiderte ihm: Ich bin Gabriel, der vor Gott steht, und ich bin gesandt worden, um mit dir zu reden und dir diese frohe Botschaft zu bringen.
20 Und siehe, du sollst stumm sein und nicht mehr reden können bis zu dem Tag, an dem dies geschieht, weil du meinen Worten nicht geglaubt hast, die in Erfüllung gehen, wenn die Zeit dafür da ist.
21 Inzwischen wartete das Volk auf Zacharias und wunderte sich, dass er so lange im Tempel blieb.
22 Als er dann herauskam, konnte er nicht mit ihnen sprechen. Da merkten sie, dass er im Tempel eine Erscheinung gehabt hatte. Er gab ihnen nur Zeichen und blieb stumm.
23 Als die Tage seines Dienstes zu Ende waren, kehrte er nach Hause zurück.
24 Bald darauf wurde seine Frau Elisabet schwanger und lebte fünf Monate lang zurückgezogen. Sie sagte:
25 Der Herr hat mir geholfen; er hat in diesen Tagen gnädig auf mich geschaut und mich von der Schmach befreit, mit der ich unter den Menschen beladen war.
Die Ankündigung der Geburt Jesu: 1,26–38
26 Im sechsten Monat wurde der Engel Gabriel von Gott in eine Stadt in Galiläa namens Nazaret
27 zu einer Jungfrau gesandt. Sie war mit einem Mann namens Josef verlobt, der aus dem Haus David stammte. Der Name der Jungfrau war Maria.
28 Der Engel trat bei ihr ein und sagte: Sei gegrüßt, du Begnadete, der Herr ist mit dir.
29 Sie erschrak über die Anrede und überlegte, was dieser Gruß zu bedeuten habe.
30 Da sagte der Engel zu ihr: Fürchte dich nicht, Maria; denn du hast bei Gott Gnade gefunden.
31 Siehe, du wirst schwanger werden und einen Sohn wirst du gebären; dem sollst du den Namen Jesus geben.
32 Er wird groß sein und Sohn des Höchsten genannt werden. Gott, der Herr, wird ihm den Thron seines Vaters David geben.
33 Er wird über das Haus Jakob in Ewigkeit herrschen und seine Herrschaft wird kein Ende haben.
34 Maria sagte zu dem Engel: Wie soll das geschehen, da ich keinen Mann erkenne?
35 Der Engel antwortete ihr: Heiliger Geist wird über dich kommen und Kraft des Höchsten wird dich überschatten. Deshalb wird auch das Kind heilig und Sohn Gottes genannt werden.
36 Siehe, auch Elisabet, deine Verwandte, hat noch in ihrem Alter einen Sohn empfangen; obwohl sie als unfruchtbar gilt, ist sie schon im sechsten Monat.
37 Denn für Gott ist nichts unmöglich.
38 Da sagte Maria: Siehe, ich bin die Magd des Herrn; mir geschehe, wie du es gesagt hast. Danach verließ sie der Engel.
Die Begegnung zwischen Maria und Elisabet: 1,39–56
39 In diesen Tagen machte sich Maria auf den Weg und eilte in eine Stadt im Bergland von Judäa.
40 Sie ging in das Haus des Zacharias und begrüßte Elisabet.
41 Und es geschah, als Elisabet den Gruß Marias hörte, hüpfte das Kind in ihrem Leib. Da wurde Elisabet vom Heiligen Geist erfüllt
42 und rief mit lauter Stimme: Gesegnet bist du unter den Frauen und gesegnet ist die Frucht deines Leibes.
43 Wer bin ich, dass die Mutter meines Herrn zu mir kommt?
44 Denn siehe, in dem Augenblick, als ich deinen Gruß hörte, hüpfte das Kind vor Freude in meinem Leib.
45 Und selig, die geglaubt hat, dass sich erfüllt, was der Herr ihr sagen ließ.
46 Da sagte Maria: Meine Seele preist die Größe des Herrn /
47 und mein Geist jubelt über Gott, meinen Retter.
48 Denn auf die Niedrigkeit seiner Magd hat er geschaut. / Siehe, von nun an preisen mich selig alle Geschlechter.
49 Denn der Mächtige hat Großes an mir getan / und sein Name ist heilig.
50 Er erbarmt sich von Geschlecht zu Geschlecht / über alle, die ihn fürchten.
51 Er vollbringt mit seinem Arm machtvolle Taten: / Er zerstreut, die im Herzen voll Hochmut sind;
52 er stürzt die Mächtigen vom Thron / und erhöht die Niedrigen.
53 Die Hungernden beschenkt er mit seinen Gaben / und lässt die Reichen leer ausgehen.
54 Er nimmt sich seines Knechtes Israel an / und denkt an sein Erbarmen,
55 das er unsern Vätern verheißen hat, / Abraham und seinen Nachkommen auf ewig.
56 Und Maria blieb etwa drei Monate bei ihr; dann kehrte sie nach Hause zurück.
Die Geburt des Täufers: 1,57–80
57 Für Elisabet aber erfüllte sich die Zeit, dass sie gebären sollte, und sie brachte einen Sohn zur Welt.
58 Ihre Nachbarn und Verwandten hörten, welch großes Erbarmen der Herr ihr erwiesen hatte, und freuten sich mit ihr.
59 Und es geschah: Am achten Tag kamen sie zur Beschneidung des Kindes und sie wollten ihm den Namen seines Vaters Zacharias geben.
60 Seine Mutter aber widersprach und sagte: Nein, sondern er soll Johannes heißen.
61 Sie antworteten ihr: Es gibt doch niemanden in deiner Verwandtschaft, der so heißt.
62 Da fragten sie seinen Vater durch Zeichen, welchen Namen das Kind haben solle.
63 Er verlangte ein Schreibtäfelchen und schrieb darauf: Johannes ist sein Name. Und alle staunten.
64 Im gleichen Augenblick konnte er Mund und Zunge wieder gebrauchen und er redete und pries Gott.
65 Und alle ihre Nachbarn gerieten in Furcht und man sprach von all diesen Dingen im ganzen Bergland von Judäa.
66 Alle, die davon hörten, nahmen es sich zu Herzen und sagten: Was wird wohl aus diesem Kind werden? Denn die Hand des Herrn war mit ihm.
67 Sein Vater Zacharias wurde vom Heiligen Geist erfüllt und begann prophetisch zu reden:
68 Gepriesen sei der Herr, der Gott Israels! / Denn er hat sein Volk besucht und ihm Erlösung geschaffen;
69 er hat uns einen starken Retter erweckt / im Hause seines Knechtes David.
70 So hat er verheißen von alters her / durch den Mund seiner heiligen Propheten.
71 Er hat uns errettet vor unseren Feinden / und aus der Hand aller, die uns hassen;
72 er hat das Erbarmen mit den Vätern an uns vollendet / und an seinen heiligen Bund gedacht,
73 an den Eid, den er unserm Vater Abraham geschworen hat;
74 er hat uns geschenkt, dass wir, aus Feindeshand befreit, / ihm furchtlos dienen
75 in Heiligkeit und Gerechtigkeit vor seinem Angesicht all unsre Tage.
76 Und du, Kind, wirst Prophet des Höchsten heißen; / denn du wirst dem Herrn vorangehen und ihm den Weg bereiten.
77 Du wirst sein Volk mit der Erfahrung des Heils beschenken / in der Vergebung seiner Sünden.
78 Durch die barmherzige Liebe unseres Gottes / wird uns besuchen das aufstrahlende Licht aus der Höhe,
79 um allen zu leuchten, / die in Finsternis sitzen und im Schatten des Todes, / und unsre Schritte zu lenken auf den Weg des Friedens.
80 Das Kind wuchs heran und wurde stark im Geist. Und es lebte in der Wüste bis zu dem Tag, an dem es seinen Auftrag für Israel erhielt.
2
Die Geburt Jesu: 2,1–21
1 Es geschah aber in jenen Tagen, dass Kaiser Augustus den Befehl erließ, den ganzen Erdkreis in Steuerlisten einzutragen.
2 Diese Aufzeichnung war die erste; damals war Quirinius Statthalter von Syrien.
3 Da ging jeder in seine Stadt, um sich eintragen zu lassen.
4 So zog auch Josef von der Stadt Nazaret in Galiläa hinauf nach Judäa in die Stadt Davids, die Betlehem heißt; denn er war aus dem Haus und Geschlecht Davids.
5 Er wollte sich eintragen lassen mit Maria, seiner Verlobten, die ein Kind erwartete.
6 Es geschah, als sie dort waren, da erfüllten sich die Tage, dass sie gebären sollte,
7 und sie gebar ihren Sohn, den Erstgeborenen. Sie wickelte ihn in Windeln und legte ihn in eine Krippe, weil in der Herberge kein Platz für sie war.
8 In dieser Gegend lagerten Hirten auf freiem Feld und hielten Nachtwache bei ihrer Herde.
9 Da trat ein Engel des Herrn zu ihnen und die Herrlichkeit des Herrn umstrahlte sie und sie fürchteten sich sehr.
10 Der Engel sagte zu ihnen: Fürchtet euch nicht, denn siehe, ich verkünde euch eine große Freude, die dem ganzen Volk zuteilwerden soll:
11 Heute ist euch in der Stadt Davids der Retter geboren; er ist der Christus, der Herr.
12 Und das soll euch als Zeichen dienen: Ihr werdet ein Kind finden, das, in Windeln gewickelt, in einer Krippe liegt.
13 Und plötzlich war bei dem Engel ein großes himmlisches Heer, das Gott lobte und sprach:
14 Ehre sei Gott in der Höhe / und Friede auf Erden / den Menschen seines Wohlgefallens.
15 Und es geschah, als die Engel von ihnen in den Himmel zurückgekehrt waren, sagten die Hirten zueinander: Lasst uns nach Betlehem gehen, um das Ereignis zu sehen, das uns der Herr kundgetan hat!
16 So eilten sie hin und fanden Maria und Josef und das Kind, das in der Krippe lag.
17 Als sie es sahen, erzählten sie von dem Wort, das ihnen über dieses Kind gesagt worden war.
18 Und alle, die es hörten, staunten über das, was ihnen von den Hirten erzählt wurde.
19 Maria aber bewahrte alle diese Worte und erwog sie in ihrem Herzen.
20 Die Hirten kehrten zurück, rühmten Gott und priesen ihn für alles, was sie gehört und gesehen hatten, so wie es ihnen gesagt worden war.
21 Als acht Tage vorüber waren und das Kind beschnitten werden sollte, gab man ihm den Namen Jesus, den der Engel genannt hatte, bevor das Kind im Mutterleib empfangen war.
Das Zeugnis des Simeon und der Hanna: 2,22–40
22 Als sich für sie die Tage der vom Gesetz des Mose vorgeschriebenen Reinigung erfüllt hatten, brachten sie das Kind nach Jerusalem hinauf, um es dem Herrn darzustellen,
23 wie im Gesetz des Herrn geschrieben ist:Jede männliche Erstgeburt soll dem Herrn heilig genannt werden.
24 Auch wollten sie ihr Opfer darbringen, wie es das Gesetz des Herrn vorschreibt: ein Paar Turteltauben oder zwei junge Tauben.
25 Und siehe, in Jerusalem lebte ein Mann namens Simeon. Dieser Mann war gerecht und fromm und wartete auf den Trost Israels und der Heilige Geist ruhte auf ihm.
26 Vom Heiligen Geist war ihm offenbart worden, er werde den Tod nicht schauen, ehe er den Christus des Herrn gesehen habe.
27 Er wurde vom Geist in den Tempel geführt; und als die Eltern das Kind Jesus hereinbrachten, um mit ihm zu tun, was nach dem Gesetz üblich war,
28 nahm Simeon das Kind in seine Arme und pries Gott mit den Worten:
29 Nun lässt du, Herr, deinen Knecht, / wie du gesagt hast, in Frieden scheiden.
30 Denn meine Augen haben das Heil gesehen, /
31 das du vor allen Völkern bereitet hast,
32 ein Licht, das die Heiden erleuchtet, / und Herrlichkeit für dein Volk Israel.
33 Sein Vater und seine Mutter staunten über die Worte, die über Jesus gesagt wurden.
34 Und Simeon segnete sie und sagte zu Maria, der Mutter Jesu: Siehe, dieser ist dazu bestimmt, dass in Israel viele zu Fall kommen und aufgerichtet werden, und er wird ein Zeichen sein, dem widersprochen wird, -
35 und deine Seele wird ein Schwert durchdringen. So sollen die Gedanken vieler Herzen offenbar werden.
36 Damals lebte auch Hanna, eine Prophetin, eine Tochter Penuëls, aus dem Stamm Ascher. Sie war schon hochbetagt. Als junges Mädchen hatte sie geheiratet und sieben Jahre mit ihrem Mann gelebt;
37 nun war sie eine Witwe von vierundachtzig Jahren. Sie hielt sich ständig im Tempel auf und diente Gott Tag und Nacht mit Fasten und Beten.
38 Zu derselben Stunde trat sie hinzu, pries Gott und sprach über das Kind zu allen, die auf die Erlösung Jerusalems warteten.
39 Als seine Eltern alles getan hatten, was das Gesetz des Herrn vorschreibt, kehrten sie nach Galiläa in ihre Stadt Nazaret zurück.
40 Das Kind wuchs heran und wurde stark, erfüllt mit Weisheit und Gottes Gnade ruhte auf ihm.
Der zwölfjährige Jesus im Tempel: 2,41–52
41 Die Eltern Jesu gingen jedes Jahr zum Paschafest nach Jerusalem.
42 Als er zwölf Jahre alt geworden war, zogen sie wieder hinauf, wie es dem Festbrauch entsprach.
43 Nachdem die Festtage zu Ende waren, machten sie sich auf den Heimweg. Der Knabe Jesus aber blieb in Jerusalem, ohne dass seine Eltern es merkten.
44 Sie meinten, er sei in der Pilgergruppe, und reisten eine Tagesstrecke weit; dann suchten sie ihn bei den Verwandten und Bekannten.
45 Als sie ihn nicht fanden, kehrten sie nach Jerusalem zurück und suchten nach ihm.
46 Da geschah es, nach drei Tagen fanden sie ihn im Tempel; er saß mitten unter den Lehrern, hörte ihnen zu und stellte Fragen.
47 Alle, die ihn hörten, waren erstaunt über sein Verständnis und über seine Antworten.
48 Als seine Eltern ihn sahen, waren sie voll Staunen und seine Mutter sagte zu ihm: Kind, warum hast du uns das angetan? Siehe, dein Vater und ich haben dich mit Schmerzen gesucht.
49 Da sagte er zu ihnen: Warum habt ihr mich gesucht? Wusstet ihr nicht, dass ich in dem sein muss, was meinem Vater gehört?
50 Doch sie verstanden das Wort nicht, das er zu ihnen gesagt hatte.
51 Dann kehrte er mit ihnen nach Nazaret zurück und war ihnen gehorsam. Seine Mutter bewahrte all die Worte in ihrem Herzen.
52 Jesus aber wuchs heran und seine Weisheit nahm zu und er fand Gefallen bei Gott und den Menschen.
3
Das Auftreten des Täufers: 3,1–20
1 Es war im fünfzehnten Jahr der Regierung des Kaisers Tiberius; Pontius Pilatus war Statthalter von Judäa, Herodes Tetrarch von Galiläa, sein Bruder Philippus Tetrarch von Ituräa und der Trachonitis, Lysanias Tetrarch von Abilene;
2 Hohepriester waren Hannas und Kajaphas. Da erging in der Wüste das Wort Gottes an Johannes, den Sohn des Zacharias.
3 Und er zog in die Gegend am Jordan und verkündete dort überall die Taufe der Umkehr zur Vergebung der Sünden,
4 wie im Buch der Reden des Propheten Jesaja geschrieben steht: Stimme eines Rufers in der Wüste: / Bereitet den Weg des Herrn! / Macht gerade seine Straßen!
5 Jede Schlucht soll aufgefüllt / und jeder Berg und Hügel abgetragen werden. Was krumm ist, soll gerade, / was uneben ist, soll zum ebenen Weg werden.
6 Und alle Menschen werden das Heil Gottes schauen.
7 Da sagte er zu den Volksscharen, die hinauszogen, um sich von ihm taufen zu lassen: Ihr Schlangenbrut, wer hat euch denn gelehrt, dass ihr dem kommenden Zorngericht entrinnen könnt?
8 Bringt Früchte hervor, die eure Umkehr zeigen, und fangt nicht an, bei euch zu sagen: Wir haben Abraham zum Vater! Denn ich sage euch: Gott kann aus diesen Steinen dem Abraham Kinder erwecken.
9 Schon ist die Axt an die Wurzel der Bäume gelegt; jeder Baum, der keine gute Frucht hervorbringt, wird umgehauen und ins Feuer geworfen.
10 Da fragten ihn die Scharen: Was sollen wir also tun?
11 Er antwortete ihnen: Wer zwei Gewänder hat, der gebe eines davon dem, der keines hat, und wer zu essen hat, der handle ebenso!
12 Es kamen auch Zöllner, um sich taufen zu lassen, und fragten ihn: Meister, was sollen wir tun?
13 Er sagte zu ihnen: Verlangt nicht mehr, als festgesetzt ist!
14 Auch Soldaten fragten ihn: Was sollen denn wir tun? Und er sagte zu ihnen: Misshandelt niemanden, erpresst niemanden, begnügt euch mit eurem Sold!
15 Das Volk war voll Erwartung und alle überlegten im Herzen, ob Johannes nicht vielleicht selbst der Christus sei.
16 Doch Johannes gab ihnen allen zur Antwort: Ich taufe euch mit Wasser. Es kommt aber einer, der stärker ist als ich, und ich bin es nicht wert, ihm die Riemen der Sandalen zu lösen. Er wird euch mit dem Heiligen Geist und mit Feuer taufen.
17 Schon hält er die Schaufel in der Hand, um seine Tenne zu reinigen und den Weizen in seine Scheune zu sammeln; die Spreu aber wird er in nie erlöschendem Feuer verbrennen.
18 Mit diesen und vielen anderen Worten ermahnte er das Volk und verkündete die frohe Botschaft.
19 Johannes tadelte auch den Tetrarchen Herodes wegen Herodias, der Frau seines Bruders, und wegen aller Schandtaten, die er verübt hatte.
20 Herodes fügte zu allem noch dies hinzu, dass er Johannes ins Gefängnis werfen ließ.
Die Taufe Jesu: 3,21–22
21 Es geschah aber, dass sich zusammen mit dem ganzen Volk auch Jesus taufen ließ. Und während er betete, öffnete sich der Himmel
22 und der Heilige Geist kam sichtbar in Gestalt einer Taube auf ihn herab und eine Stimme aus dem Himmel sprach: Du bist mein geliebter Sohn, an dir habe ich Wohlgefallen gefunden.
Der Stammbaum Jesu: 3,23–38
23 Jesus war, als er zum ersten Mal öffentlich auftrat, etwa dreißig Jahre alt. Er galt als Sohn Josefs. Die Vorfahren Josefs waren: Eli,
24 Mattat, Levi, Melchi, Jannai, Josef,
25 Mattitja, Amos, Nahum, Hesli, Naggai,
26 Mahat, Mattitja, Schimi, Josech, Joda,
27 Johanan, Resa, Serubbabel, Schealtiël, Neri,
28 Melchi, Addi, Kosam, Elmadam, Er,
29 Joschua, Eliëser, Jorim, Mattat, Levi,
30 Simeon, Juda, Josef, Jonam, Eljakim,
31 Melea, Menna, Mattata, Natan, David,
32 Isai, Obed, Boas, Salmon, Nachschon,
33 Amminadab, Admin, Arni, Hezron, Perez, Juda,
34 Jakob, Isaak, Abraham, Terach, Nahor,
35 Serug, Regu, Peleg, Eber, Schelach,
36 Kenan, Arpachschad, Sem, Noach, Lamech,
37 Metuschelach, Henoch, Jered, Mahalalel, Kenan,
38 Enosch, Set, Adam; der stammte von Gott.
4
Die Versuchung Jesu: 4,1–13
1 Erfüllt vom Heiligen Geist, kehrte Jesus vom Jordan zurück. Er wurde vom Geist in der Wüste umhergeführt,
2 vierzig Tage lang, und er wurde vom Teufel versucht. In jenen Tagen aß er nichts; als sie aber vorüber waren, hungerte ihn.
3 Da sagte der Teufel zu ihm: Wenn du Gottes Sohn bist, so befiehl diesem Stein, zu Brot zu werden.
4 Jesus antwortete ihm: Es steht geschrieben: Der Mensch lebt nicht vom Brot allein.
5 Da führte ihn der Teufel hinauf und zeigte ihm in einem Augenblick alle Reiche des Erdkreises.
6 Und er sagte zu ihm: All die Macht und Herrlichkeit dieser Reiche will ich dir geben; denn sie sind mir überlassen und ich gebe sie, wem ich will.
7 Wenn du dich vor mir niederwirfst und mich anbetest, wird dir alles gehören.
8 Jesus antwortete ihm: Es steht geschrieben: Vor dem Herrn, deinem Gott, sollst du dich niederwerfen und ihm allein dienen.
9 Darauf führte ihn der Teufel nach Jerusalem, stellte ihn oben auf den Tempel und sagte zu ihm: Wenn du Gottes Sohn bist, so stürz dich von hier hinab;
10 denn es steht geschrieben: Seinen Engeln befiehlt er deinetwegen, dich zu behüten;
11 und: Sie werden dich auf ihren Händen tragen, / damit dein Fuß nicht an einen Stein stößt.
12 Da antwortete ihm Jesus: Es ist gesagt: Du sollst den Herrn, deinen Gott, nicht auf die Probe stellen.
13 Nach diesen Versuchungen ließ der Teufel bis zur bestimmten Zeit von ihm ab.
Erstes Auftreten in Galiläa: 4,14–15
14 Jesus kehrte, erfüllt von der Kraft des Geistes, nach Galiläa zurück. Und die Kunde von ihm verbreitete sich in der ganzen Gegend.
15 Er lehrte in den Synagogen und wurde von allen gepriesen.
Die Antrittsrede in Nazaret: 4,16–30
16 So kam er auch nach Nazaret, wo er aufgewachsen war, und ging, wie gewohnt, am Sabbat in die Synagoge. Als er aufstand, um vorzulesen,
17 reichte man ihm die Buchrolle des Propheten Jesaja. Er öffnete sie und fand die Stelle, wo geschrieben steht:
18 Der Geist des Herrn ruht auf mir; / denn er hat mich gesalbt. Er hat mich gesandt, / damit ich den Armen eine frohe Botschaft bringe; damit ich den Gefangenen die Entlassung verkünde / und den Blinden das Augenlicht; damit ich die Zerschlagenen in Freiheit setze
19 und ein Gnadenjahr des Herrn ausrufe.
20 Dann schloss er die Buchrolle, gab sie dem Synagogendiener und setzte sich. Die Augen aller in der Synagoge waren auf ihn gerichtet.
21 Da begann er, ihnen darzulegen: Heute hat sich das Schriftwort, das ihr eben gehört habt, erfüllt.
22 Alle stimmten ihm zu; sie staunten über die Worte der Gnade, die aus seinem Mund hervorgingen, und sagten: Ist das nicht Josefs Sohn?
23 Da entgegnete er ihnen: Sicher werdet ihr mir das Sprichwort vorhalten: Arzt, heile dich selbst! Wenn du in Kafarnaum so große Dinge getan hast, wie wir gehört haben, dann tu sie auch hier in deiner Heimat!
24 Und er setzte hinzu: Amen, ich sage euch: Kein Prophet wird in seiner Heimat anerkannt.
25 Wahrhaftig, das sage ich euch: In Israel gab es viele Witwen in den Tagen des Elija, als der Himmel für drei Jahre und sechs Monate verschlossen war und eine große Hungersnot über das ganze Land kam.
26 Aber zu keiner von ihnen wurde Elija gesandt, nur zu einer Witwe in Sarepta bei Sidon.
27 Und viele Aussätzige gab es in Israel zur Zeit des Propheten Elischa. Aber keiner von ihnen wurde geheilt, nur der Syrer Naaman.
28 Als die Leute in der Synagoge das hörten, gerieten sie alle in Wut.
29 Sie sprangen auf und trieben Jesus zur Stadt hinaus; sie brachten ihn an den Abhang des Berges, auf dem ihre Stadt erbaut war, und wollten ihn hinabstürzen.
30 Er aber schritt mitten durch sie hindurch und ging weg.
Heilungen in Kafarnaum: 4,31–41
31 Jesus ging hinab nach Kafarnaum, einer Stadt in Galiläa, und lehrte die Menschen am Sabbat.
32 Sie waren außer sich vor Staunen über seine Lehre, denn er redete mit Vollmacht.
33 In der Synagoge war ein Mensch, der von einem Dämon, einem unreinen Geist, besessen war. Der schrie mit lauter Stimme:
34 He, du, was haben wir mit dir zu tun, Jesus von Nazaret? Bist du gekommen, um uns ins Verderben zu stürzen? Ich weiß, wer du bist: der Heilige Gottes!
35 Da drohte ihm Jesus: Schweig und verlass ihn! Der Dämon warf den Mann in ihre Mitte und verließ ihn, ohne ihm zu schaden.
36 Da waren alle erschrocken und einer fragte den andern: Was ist das für ein Wort? Mit Vollmacht und Kraft befiehlt er den unreinen Geistern und sie fliehen.
37 Und sein Ruf verbreitete sich in der ganzen Gegend.
38 Jesus stand auf, verließ die Synagoge und ging in das Haus des Simon. Die Schwiegermutter des Simon aber hatte hohes Fieber und sie baten ihn für sie.
39 Er beugte sich über sie und gebot dem Fieber. Da wich es von ihr und sie stand sofort auf und diente ihnen.
40 Als die Sonne unterging, brachten die Leute ihre Kranken, die alle möglichen Gebrechen hatten, zu Jesus. Er legte jedem von ihnen die Hände auf und heilte sie.
41 Von vielen fuhren auch Dämonen aus und schrien: Du bist der Sohn Gottes! Da drohte er ihnen und ließ sie nicht reden; denn sie wussten, dass er der Christus war.
Aufbruch zur weiteren Verkündigung der Gottesherrschaft: 4,42–44
42 Bei Tagesanbruch verließ er die Stadt und ging an einen einsamen Ort. Aber die Menschen suchten ihn; und sie kamen zu ihm hin und wollten ihn festhalten, damit er nicht von ihnen wegginge.
43 Er sagte zu ihnen: Ich muss auch den anderen Städten das Evangelium vom Reich Gottes verkünden; denn dazu bin ich gesandt worden.
44 Und er verkündete in den Synagogen Judäas.
5
Der wunderbare Fischfang und die ersten Jünger: 5,1–11
1 Es geschah aber: Als die Volksmenge Jesus bedrängte und das Wort Gottes hören wollte, da stand er am See Gennesaret
2 und sah zwei Boote am See liegen. Die Fischer waren aus ihnen ausgestiegen und wuschen ihre Netze.
3 Jesus stieg in eines der Boote, das dem Simon gehörte, und bat ihn, ein Stück weit vom Land wegzufahren. Dann setzte er sich und lehrte das Volk vom Boot aus.
4 Als er seine Rede beendet hatte, sagte er zu Simon: Fahr hinaus, wo es tief ist, und werft eure Netze zum Fang aus!
5 Simon antwortete ihm: Meister, wir haben die ganze Nacht gearbeitet und nichts gefangen. Doch auf dein Wort hin werde ich die Netze auswerfen.
6 Das taten sie und sie fingen eine große Menge Fische; ihre Netze aber drohten zu reißen.
7 Und sie gaben ihren Gefährten im anderen Boot ein Zeichen, sie sollten kommen und ihnen helfen. Sie kamen und füllten beide Boote, sodass sie fast versanken.
8 Als Simon Petrus das sah, fiel er Jesus zu Füßen und sagte: Geh weg von mir; denn ich bin ein sündiger Mensch, Herr!
9 Denn Schrecken hatte ihn und alle seine Begleiter ergriffen über den Fang der Fische, den sie gemacht hatten;
10 ebenso auch Jakobus und Johannes, die Söhne des Zebedäus, die mit Simon zusammenarbeiteten. Da sagte Jesus zu Simon: Fürchte dich nicht! Von jetzt an wirst du Menschen fangen.
11 Und sie zogen die Boote an Land, verließen alles und folgten ihm nach.
Die Heilung eines Aussätzigen: 5,12–16
12 Und es geschah, als sich Jesus in einer der Städte aufhielt: Siehe, da war ein Mann voller Aussatz. Als er Jesus sah, warf er sich auf sein Angesicht und bat ihn: Herr, wenn du willst, kannst du mich rein machen.
13 Da streckte Jesus die Hand aus, berührte ihn und sagte: Ich will - werde rein! Im gleichen Augenblick wich der Aussatz von ihm.
14 Jesus befahl ihm: Erzähl niemandem davon, sondern geh, zeig dich dem Priester und bring das Reinigungsopfer dar, wie es Mose angeordnet hat, zum Zeugnis für sie!
15 Sein Ruf aber verbreitete sich immer mehr und große Volksmengen kamen zusammen, um zu hören und von ihren Krankheiten geheilt zu werden.
16 Doch er zog sich an einen einsamen Ort zurück, um zu beten.
Die Heilung eines Gelähmten: 5,17–26
17 Und es geschah eines Tages, als Jesus lehrte, saßen Pharisäer und Gesetzeslehrer dabei; sie waren aus allen Dörfern Galiläas und Judäas und aus Jerusalem gekommen. Und die Kraft des Herrn war mit ihm, sodass er heilen konnte.
18 Und siehe, Männer brachten auf seinem Bett einen Menschen, der gelähmt war. Sie wollten ihn ins Haus bringen und vor Jesus hinlegen.
19 Weil es ihnen aber wegen der Volksmenge nicht möglich war, ihn hineinzubringen, stiegen sie aufs Dach und ließen ihn durch die Ziegel auf dem Bett hinunter in die Mitte vor Jesus hin.
20 Als er ihren Glauben sah, sagte er: Mensch, deine Sünden sind dir vergeben.
21 Und die Schriftgelehrten und die Pharisäer fingen an zu überlegen: Wer ist dieser, der Lästerungen ausspricht? Wer kann Sünden vergeben außer Gott allein?
22 Jesus aber erkannte ihre Gedanken und erwiderte ihnen: Was überlegt ihr in euren Herzen?
23 Was ist leichter, zu sagen: Deine Sünden sind dir vergeben! oder zu sagen: Steh auf und geh umher?
24 Damit ihr aber erkennt, dass der Menschensohn die Vollmacht hat, auf der Erde Sünden zu vergeben - sprach er zu dem Gelähmten: Ich sage dir: Steh auf, nimm dein Bett und geh in dein Haus!
25 Und sogleich stand er vor ihren Augen auf, nahm das Bett, auf dem er gelegen hatte, und ging Gott preisend in sein Haus.
26 Da gerieten alle außer sich; sie priesen Gott und sagten voller Furcht: Heute haben wir Unglaubliches gesehen.
Nachfolge und Mahl: 5,27–32
27 Danach ging Jesus hinaus und sah einen Zöllner namens Levi am Zoll sitzen und sagte zu ihm: Folge mir nach!
28 Da verließ Levi alles, stand auf und folgte ihm nach.
29 Und Levi gab für Jesus in seinem Haus ein großes Gastmahl. Viele Zöllner und andere waren mit ihnen zu Tisch.
30 Da murrten die Pharisäer und ihre Schriftgelehrten und sagten zu seinen Jüngern: Wie könnt ihr zusammen mit Zöllnern und Sündern essen und trinken?
31 Jesus antwortete ihnen: Nicht die Gesunden bedürfen des Arztes, sondern die Kranken.
32 Ich bin nicht gekommen, um Gerechte, sondern Sünder zur Umkehr zu rufen.
Fasten und Feiern: 5,33–39
33 Sie sagten zu ihm: Die Jünger des Johannes fasten und beten viel, ebenso die der Pharisäer; deine Jünger aber essen und trinken.
34 Jesus erwiderte ihnen: Könnt ihr denn die Hochzeitsgäste fasten lassen, solange der Bräutigam bei ihnen ist?
35 Es werden aber Tage kommen, da wird ihnen der Bräutigam weggenommen sein; dann, in jenen Tagen, werden sie fasten.
36 Er erzählte ihnen aber auch ein Gleichnis: Niemand schneidet ein Stück von einem neuen Gewand ab und setzt es auf ein altes Gewand. Sonst würde ja das neue Gewand zerschnitten und zu dem alten würde das Stück von dem neuen nicht passen.
37 Auch füllt niemand jungen Wein in alte Schläuche. Sonst würde ja der junge Wein die Schläuche zerreißen; er läuft aus und die Schläuche sind unbrauchbar.
38 Sondern: Jungen Wein muss man in neue Schläuche füllen.
39 Und niemand, der alten Wein trinkt, will jungen; denn er sagt: Der alte ist bekömmlich.
6
Sabbat und religiöses Gesetz: 6,1–5
1 Es geschah aber an einem Sabbat, dass er durch die Kornfelder ging, und seine Jünger rissen Ähren ab, zerrieben sie mit den Händen und aßen sie.
2 Da sagten einige Pharisäer: Warum tut ihr, was am Sabbat nicht erlaubt ist?
3 Jesus erwiderte ihnen: Habt ihr nicht gelesen, was David getan hat, als er und seine Begleiter hungrig waren -
4 wie er in das Haus Gottes ging und die Schaubrote nahm, die allein die Priester essen dürfen, und sie aß und auch seinen Begleitern davon gab?
5 Und Jesus sagte ihnen: Herr über den Sabbat ist der Menschensohn.
Sabbat, Heilung und Intrige: 6,6–11
6 Es geschah an einem anderen Sabbat, dass er in die Synagoge ging und lehrte. Dort war ein Mann, dessen rechte Hand verdorrt war.
7 Die Schriftgelehrten und die Pharisäer aber gaben Acht, ob er am Sabbat heilen werde; sie suchten nämlich einen Grund zur Anklage gegen ihn.
8 Er aber kannte ihre Gedanken und sagte zu dem Mann mit der verdorrten Hand: Steh auf und stell dich in die Mitte! Der Mann stand auf und stellte sich hin.
9 Dann sagte Jesus zu ihnen: Ich frage euch: Ist es am Sabbat erlaubt, Gutes zu tun oder Böses, ein Leben zu retten oder zugrunde zu richten?
10 Und er sah sie alle der Reihe nach an und sagte dann zu dem Mann: Streck deine Hand aus! Er tat es und seine Hand wurde wiederhergestellt.
11 Sie aber in ihrem Unverstand berieten sich untereinander, was sie gegen Jesus unternehmen könnten.
Die Wahl der Zwölf: 6,12–16
12 Es geschah aber in diesen Tagen, dass er auf einen Berg ging, um zu beten. Und er verbrachte die ganze Nacht im Gebet zu Gott.
13 Als es Tag wurde, rief er seine Jünger zu sich und wählte aus ihnen zwölf aus; sie nannte er auch Apostel:
14 Simon, den er auch Petrus nannte, und dessen Bruder Andreas, Jakobus, Johannes, Philippus, Bartholomäus,
15 Matthäus, Thomas, Jakobus, den Sohn des Alphäus, Simon, genannt der Zelot,
16 Judas, den Sohn des Jakobus, und Judas Iskariot, der zum Verräter wurde.
Der Andrang der Menschen: 6,17–19
17 Jesus stieg mit ihnen den Berg hinab. In der Ebene blieb er mit einer großen Schar seiner Jünger stehen und viele Menschen aus ganz Judäa und Jerusalem und dem Küstengebiet von Tyrus und Sidon
18 waren gekommen, um ihn zu hören und von ihren Krankheiten geheilt zu werden. Und die von unreinen Geistern Geplagten wurden geheilt.
19 Alle Leute versuchten, ihn zu berühren; denn es ging eine Kraft von ihm aus, die alle heilte.
Seligpreisungen und Weherufe: 6,20–26
20 Er richtete seine Augen auf seine Jünger und sagte: Selig, ihr Armen, denn euch gehört das Reich Gottes.
21 Selig, die ihr jetzt hungert, denn ihr werdet gesättigt werden. / Selig, die ihr jetzt weint, denn ihr werdet lachen.
22 Selig seid ihr, wenn euch die Menschen hassen und wenn sie euch ausstoßen und schmähen und euren Namen in Verruf bringen um des Menschensohnes willen.
23 Freut euch und jauchzt an jenem Tag; denn siehe, euer Lohn im Himmel wird groß sein. Denn ebenso haben es ihre Väter mit den Propheten gemacht.
24 Doch weh euch, ihr Reichen; denn ihr habt euren Trost schon empfangen.
25 Weh euch, die ihr jetzt satt seid; denn ihr werdet hungern. Weh, die ihr jetzt lacht; denn ihr werdet klagen und weinen.
26 Weh, wenn euch alle Menschen loben. Denn ebenso haben es ihre Väter mit den falschen Propheten gemacht.
Liebe zu den Feinden und Verzicht auf Verurteilung: 6,27–38
27 Euch aber, die ihr zuhört, sage ich: Liebt eure Feinde; tut denen Gutes, die euch hassen!
28 Segnet die, die euch verfluchen; betet für die, die euch beschimpfen!
29 Dem, der dich auf die eine Wange schlägt, halt auch die andere hin und dem, der dir den Mantel wegnimmt, lass auch das Hemd!
30 Gib jedem, der dich bittet; und wenn dir jemand das Deine wegnimmt, verlang es nicht zurück!
31 Und wie ihr wollt, dass euch die Menschen tun sollen, das tut auch ihr ihnen!
32 Wenn ihr die liebt, die euch lieben, welchen Dank erwartet ihr dafür? Denn auch die Sünder lieben die, von denen sie geliebt werden.
33 Und wenn ihr denen Gutes tut, die euch Gutes tun, welchen Dank erwartet ihr dafür? Das tun auch die Sünder.
34 Und wenn ihr denen Geld leiht, von denen ihr es zurückzubekommen hofft, welchen Dank erwartet ihr dafür? Auch die Sünder leihen Sündern, um das Gleiche zurückzubekommen.
35 Doch ihr sollt eure Feinde lieben und Gutes tun und leihen, wo ihr nichts zurückerhoffen könnt. Dann wird euer Lohn groß sein und ihr werdet Söhne des Höchsten sein; denn auch er ist gütig gegen die Undankbaren und Bösen.
36 Seid barmherzig, wie auch euer Vater barmherzig ist!
37 Richtet nicht, dann werdet auch ihr nicht gerichtet werden! Verurteilt nicht, dann werdet auch ihr nicht verurteilt werden! Erlasst einander die Schuld, dann wird auch euch die Schuld erlassen werden!
38 Gebt, dann wird auch euch gegeben werden! Ein gutes, volles, gehäuftes, überfließendes Maß wird man euch in den Schoß legen; denn nach dem Maß, mit dem ihr messt, wird auch euch zugemessen werden.
Falsche und wahre Frömmigkeit: 6,39–46
39 Er sprach aber auch in Gleichnissen zu ihnen: Kann etwa ein Blinder einen Blinden führen? Werden nicht beide in eine Grube fallen?
40 Ein Jünger steht nicht über dem Meister; jeder aber, der alles gelernt hat, wird wie sein Meister sein.
41 Warum siehst du den Splitter im Auge deines Bruders, aber den Balken in deinem eigenen Auge bemerkst du nicht?
42 Wie kannst du zu deinem Bruder sagen: Bruder, lass mich den Splitter aus deinem Auge herausziehen!, während du selbst den Balken in deinem Auge nicht siehst? Du Heuchler! Zieh zuerst den Balken aus deinem Auge; dann kannst du zusehen, den Splitter aus dem Auge deines Bruders herauszuziehen.
43 Es gibt keinen guten Baum, der schlechte Früchte bringt, noch einen schlechten Baum, der gute Früchte bringt.
44 Denn jeden Baum erkennt man an seinen Früchten: Von den Disteln pflückt man keine Feigen und vom Dornstrauch erntet man keine Trauben.
45 Der gute Mensch bringt aus dem guten Schatz seines Herzens das Gute hervor und der böse Mensch bringt aus dem bösen das Böse hervor. Denn wovon das Herz überfließt, davon spricht sein Mund.
46 Was sagt ihr zu mir: Herr! Herr! und tut nicht, was ich sage?
Bildwort vom klugen und törichten Hausbau: 6,47–49
47 Ich will euch zeigen, wem ein Mensch gleicht, der zu mir kommt und meine Worte hört und danach handelt.
48 Er gleicht einem Mann, der ein Haus baute und dabei die Erde tief aushob und das Fundament auf einen Felsen stellte. Als ein Hochwasser kam und die Flutwelle gegen jenes Haus prallte, konnte sie es nicht erschüttern, weil es gut gebaut war.
49 Wer aber hört und nicht danach handelt, gleicht einem Mann, der ein Haus ohne Fundament auf die Erde baute. Die Flutwelle prallte dagegen und sofort stürzte es ein; und der Einsturz jenes Hauses war gewaltig.
7
Der Hauptmann von Kafarnaum: 7,1–10
1 Nachdem Jesus alle seine Worte dem Volk zu Gehör gebracht hatte, ging er nach Kafarnaum.
2 Ein Hauptmann hatte einen Diener, den er sehr schätzte, der war krank und lag im Sterben.
3 Als der Hauptmann aber von Jesus hörte, schickte er jüdische Älteste zu ihm mit der Bitte, zu kommen und seinen Diener zu retten.
4 Sie gingen zu Jesus und baten ihn inständig. Sie sagten: Er verdient es, dass du seine Bitte erfüllst;
5 denn er liebt unser Volk und hat uns die Synagoge gebaut.
6 Da ging Jesus mit ihnen. Als er nicht mehr weit von dem Haus entfernt war, schickte der Hauptmann Freunde und ließ ihm sagen: Herr, bemüh dich nicht! Denn ich bin es nicht wert, dass du unter mein Dach einkehrst.
7 Deshalb habe ich mich selbst auch nicht für würdig gehalten, zu dir zu kommen. Aber sprich nur ein Wort, dann wird mein Diener gesund.
8 Denn auch ich muss Befehlen gehorchen und ich habe selbst Soldaten unter mir; sage ich nun zu einem: Geh!, so geht er, und zu einem andern: Komm!, so kommt er, und zu meinem Diener: Tu das!, so tut er es.
9 Jesus war erstaunt über ihn, als er das hörte. Und er wandte sich um und sagte zu den Leuten, die ihm folgten: Ich sage euch: Einen solchen Glauben habe ich in Israel nicht gefunden.
10 Und als jene, die der Hauptmann geschickt hatte, in das Haus zurückkehrten, stellten sie fest, dass der Diener gesund war.
Die Erweckung eines jungen Mannes in Naïn: 7,11–17
11 Und es geschah danach, dass er in eine Stadt namens Naïn kam; seine Jünger und eine große Volksmenge folgten ihm.
12 Als er in die Nähe des Stadttors kam, siehe, da trug man einen Toten heraus. Es war der einzige Sohn seiner Mutter, einer Witwe. Und viele Leute aus der Stadt begleiteten sie.
13 Als der Herr die Frau sah, hatte er Mitleid mit ihr und sagte zu ihr: Weine nicht!
14 Und er trat heran und berührte die Bahre. Die Träger blieben stehen und er sagte: Jüngling, ich sage dir: Steh auf!
15 Da setzte sich der Tote auf und begann zu sprechen und Jesus gab ihn seiner Mutter zurück.
16 Alle wurden von Furcht ergriffen; sie priesen Gott und sagten: Ein großer Prophet ist unter uns erweckt worden: Gott hat sein Volk heimgesucht.
17 Und diese Kunde über ihn verbreitete sich überall in Judäa und im ganzen Gebiet ringsum.
Die Frage des Täufers und seine Bedeutung: 7,18–35
18 Johannes erfuhr das alles von seinen Jüngern. Da rief Johannes zwei seiner Jünger zu sich,
19 schickte sie zum Herrn und ließ ihn fragen: Bist du der, der kommen soll, oder sollen wir auf einen andern warten?
20 Als die Männer zu Jesus kamen, sagten sie: Johannes der Täufer hat uns zu dir geschickt und lässt dich fragen: Bist du der, der kommen soll, oder müssen wir auf einen andern warten?
21 Zu jener Stunde heilte Jesus viele Menschen von Krankheiten und Leiden und bösen Geistern und schenkte vielen Blinden das Augenlicht.
22 Er antwortete ihnen: Geht und berichtet Johannes, was ihr gesehen und gehört habt: Blinde sehen wieder, Lahme gehen und Aussätzige werden rein; Taube hören, Tote stehen auf und Armen wird das Evangelium verkündet.
23 Selig ist, wer an mir keinen Anstoß nimmt.
24 Als die Boten des Johannes weggegangen waren, begann Jesus zu der Menge über Johannes zu reden: Was habt ihr denn sehen wollen, als ihr in die Wüste hinausgegangen seid? Ein Schilfrohr, das im Wind schwankt?
25 Oder was habt ihr sehen wollen, als ihr hinausgegangen seid? Einen Mann in feiner Kleidung? Siehe, Leute, die sich prächtig kleiden und üppig leben, findet man in den Palästen der Könige.
26 Oder wozu seid ihr hinausgegangen? Um einen Propheten zu sehen? Ja, ich sage euch: Sogar mehr als einen Propheten.
27 Dieser ist es, von dem geschrieben steht: Siehe, ich sende meinen Boten vor dir her, / der deinen Weg vor dir bahnen wird.
28 Ich sage euch: Unter den von einer Frau Geborenen gibt es keinen größeren als Johannes; doch der Kleinste im Reich Gottes ist größer als er.
29 Das ganze Volk, das Johannes hörte, und selbst die Zöllner gaben Gott Recht und ließen sich mit der Taufe des Johannes taufen.
30 Doch die Pharisäer und die Gesetzeslehrer haben den Willen Gottes für sich selbst abgelehnt und sich von Johannes nicht taufen lassen.
31 Mit wem soll ich also die Menschen dieser Generation vergleichen? Wem gleichen sie?
32 Sie gleichen Kindern, die auf dem Marktplatz sitzen und einander zurufen: Wir haben für euch auf der Flöte gespielt und ihr habt nicht getanzt; wir haben die Totenklage angestimmt und ihr habt nicht geweint.
33 Denn Johannes der Täufer ist gekommen, er isst kein Brot und trinkt keinen Wein und ihr sagt: Er hat einen Dämon.
34 Der Menschensohn ist gekommen, er isst und trinkt und ihr sagt: Siehe, ein Fresser und Säufer, ein Freund der Zöllner und Sünder!
35 Und doch hat die Weisheit durch alle ihre Kinder Recht bekommen.
Der Pharisäer und die Sünderin: 7,36–50
36 Einer der Pharisäer hatte ihn zum Essen eingeladen. Und er ging in das Haus des Pharisäers und begab sich zu Tisch.
37 Und siehe, eine Frau, die in der Stadt lebte, eine Sünderin, erfuhr, dass er im Haus des Pharisäers zu Tisch war; da kam sie mit einem Alabastergefäß voll wohlriechendem Öl
38 und trat von hinten an ihn heran zu seinen Füßen. Dabei weinte sie und begann mit ihren Tränen seine Füße zu benetzen. Sie trocknete seine Füße mit den Haaren ihres Hauptes, küsste sie und salbte sie mit dem Öl.
39 Als der Pharisäer, der ihn eingeladen hatte, das sah, sagte er zu sich selbst: Wenn dieser wirklich ein Prophet wäre, müsste er wissen, was das für eine Frau ist, die ihn berührt: dass sie eine Sünderin ist.
40 Da antwortete ihm Jesus und sagte: Simon, ich möchte dir etwas sagen. Er erwiderte: Sprich, Meister!
41 Ein Geldverleiher hatte zwei Schuldner; der eine war ihm fünfhundert Denare schuldig, der andere fünfzig.
42 Als sie ihre Schulden nicht bezahlen konnten, schenkte er sie beiden. Wer von ihnen wird ihn nun mehr lieben?
43 Simon antwortete: Ich nehme an, der, dem er mehr geschenkt hat. Jesus sagte zu ihm: Du hast recht geurteilt.
44 Dann wandte er sich der Frau zu und sagte zu Simon: Siehst du diese Frau? Als ich in dein Haus kam, hast du mir kein Wasser für die Füße gegeben; sie aber hat meine Füße mit ihren Tränen benetzt und sie mit ihren Haaren abgetrocknet.
45 Du hast mir keinen Kuss gegeben; sie aber hat, seit ich hier bin, unaufhörlich meine Füße geküsst.
46 Du hast mir nicht das Haupt mit Öl gesalbt; sie aber hat mit Balsam meine Füße gesalbt.
47 Deshalb sage ich dir: Ihr sind ihre vielen Sünden vergeben, weil sie viel geliebt hat. Wem aber nur wenig vergeben wird, der liebt wenig.
48 Dann sagte er zu ihr: Deine Sünden sind dir vergeben.
49 Da begannen die anderen Gäste bei sich selbst zu sagen: Wer ist das, dass er sogar Sünden vergibt?
50 Er aber sagte zu der Frau: Dein Glaube hat dich gerettet. Geh in Frieden!
8
Frauen im Gefolge Jesu: 8,1–3
1 Und es geschah in der folgenden Zeit: Er wanderte von Stadt zu Stadt und von Dorf zu Dorf und verkündete das Evangelium vom Reich Gottes. Die Zwölf begleiteten ihn
2 und auch einige Frauen, die von bösen Geistern und von Krankheiten geheilt worden waren: Maria, genannt Magdalena, aus der sieben Dämonen ausgefahren waren,
3 Johanna, die Frau des Chuzas, eines Beamten des Herodes, Susanna und viele andere. Sie unterstützten Jesus und die Jünger mit ihrem Vermögen.
Das Gleichnis vom Sämann: 8,4–8
4 Als sich aber eine große Volksmenge versammelte und Menschen aus allen Städten zu ihm kamen, sprach er in einem Gleichnis:
5 Ein Sämann ging hinaus, um seinen Samen auszusäen. Als er säte, fiel ein Teil auf den Weg und wurde zertreten und die Vögel des Himmels fraßen es.
6 Ein anderer Teil fiel auf Felsen, und als die Saat aufging, verdorrte sie, weil es ihr an Feuchtigkeit fehlte.
7 Ein anderer Teil fiel mitten in die Dornen und die Dornen wuchsen zusammen mit der Saat hoch und erstickten sie.
8 Und ein anderer Teil fiel auf guten Boden, ging auf und brachte hundertfach Frucht. Als Jesus das gesagt hatte, rief er: Wer Ohren hat zum Hören, der höre!
Sinngebung für die Gleichnisrede: 8,9–10
9 Seine Jünger fragten ihn, was das Gleichnis bedeute.
10 Da sagte er: Euch ist es gegeben, die Geheimnisse des Reiches Gottes zu verstehen. Zu den anderen aber wird in Gleichnissen geredet; denn sie sollen sehen und doch nicht sehen, hören und doch nicht verstehen.
Die Deutung des Gleichnisses vom Sämann: 8,11–15
11 Das bedeutet das Gleichnis: Der Samen ist das Wort Gottes.
12 Auf den Weg ist der Samen bei denen gefallen, die das Wort hören; dann kommt der Teufel und nimmt das Wort aus ihrem Herzen, damit sie nicht glauben und nicht gerettet werden.
13 Auf den Felsen ist der Samen bei denen gefallen, die das Wort freudig aufnehmen, wenn sie es hören; aber sie haben keine Wurzeln: Eine Zeit lang glauben sie, doch in der Zeit der Prüfung werden sie abtrünnig.
14 Unter die Dornen ist der Samen bei denen gefallen, die das Wort hören, dann aber hingehen und in Sorgen, Reichtum und Genüssen des Lebens ersticken und keine Frucht bringen.
15 Auf guten Boden ist der Samen bei denen gefallen, die das Wort mit gutem und aufrichtigem Herzen hören, daran festhalten und Frucht bringen in Geduld.
Vom rechten Hören: 8,16–18
16 Niemand zündet eine Leuchte an und deckt sie mit einem Gefäß zu oder stellt sie unter ein Bett, sondern man stellt sie auf den Leuchter, damit jene, die eintreten, das Licht sehen.
17 Denn es gibt nichts Verborgenes, das nicht offenbar wird, und nichts Geheimes, das nicht bekannt wird und an den Tag kommt.
18 Achtet darauf, genau hinzuhören! Denn wer hat, dem wird gegeben; wer aber nicht hat, dem wird auch noch weggenommen, was er zu haben meint.
Über die wahre Familie Jesu: 8,19–21
19 Es kamen aber seine Mutter und seine Brüder zu ihm; sie konnten jedoch wegen der vielen Leute nicht zu ihm gelangen.
20 Da sagte man ihm: Deine Mutter und deine Brüder stehen draußen und möchten dich sehen.
21 Er erwiderte ihnen: Meine Mutter und meine Brüder sind die, die das Wort Gottes hören und tun.
Der Sturm auf dem See: 8,22–25
22 Es geschah aber eines Tages: Er stieg mit seinen Jüngern in ein Boot und sagte zu ihnen: Wir wollen ans andere Ufer des Sees hinüberfahren. Und sie fuhren ab.
23 Während der Fahrt aber schlief er ein. Und ein Sturmwind fuhr auf den See herab; das Wasser schlug in das Boot und sie gerieten in Gefahr.
24 Da traten sie zu ihm und weckten ihn; sie riefen: Meister, Meister, wir gehen zugrunde! Er stand auf, drohte dem Wind und den Wellen und sie legten sich und es trat Stille ein.
25 Er aber sagte zu ihnen: Wo ist euer Glaube? Sie aber fragten einander voll Schrecken und Staunen: Wer ist denn dieser, dass er sogar den Winden und dem Wasser gebietet und sie ihm gehorchen?
Die Heilung des Besessenen von Gerasa: 8,26–39
26 Sie fuhren in das Gebiet der Gerasener, das Galiläa gegenüberliegt.
27 Als Jesus an Land ging, lief ihm ein Mann aus der Stadt entgegen, der von Dämonen besessen war. Schon seit Langem trug er keine Kleidung mehr und lebte nicht mehr in einem Haus, sondern in den Grabhöhlen.
28 Als er Jesus sah, schrie er auf, fiel vor ihm nieder und rief mit lauter Stimme: Was habe ich mit dir zu tun, Jesus, Sohn des höchsten Gottes? Ich bitte dich: Quäle mich nicht!
29 Jesus hatte nämlich dem unreinen Geist befohlen, den Mann zu verlassen. Denn schon seit Langem hatte ihn der Geist in seiner Gewalt; und er war gebunden mit Ketten und Fußfesseln und wurde gefangen gehalten. Aber immer wieder zerriss er die Fesseln und wurde von dem Dämon in menschenleere Gegenden getrieben.
30 Jesus fragte ihn: Wie heißt du? Er antwortete: Legion. Denn er war von vielen Dämonen besessen.
31 Und die Dämonen baten Jesus, dass er ihnen nicht befehle, in die Unterwelt hinabzufahren.
32 Nun weidete dort an einem Berg gerade eine große Schweineherde. Die Dämonen baten Jesus, ihnen zu erlauben, in die Schweine hineinzufahren. Er erlaubte es ihnen.
33 Da verließen die Dämonen den Menschen und fuhren in die Schweine und die Herde stürmte den Abhang hinab in den See und ertrank.
34 Als die Hirten sahen, was geschehen war, flohen sie und erzählten es in der Stadt und in den Dörfern.
35 Darauf gingen die Leute hinaus, um zu sehen, was geschehen war. Sie kamen zu Jesus und fanden den Mann, aus dem die Dämonen ausgefahren waren, bekleidet und bei Verstand zu Füßen Jesu sitzen. Da fürchteten sie sich.
36 Die gesehen hatten, wie der Besessene gerettet worden war, berichteten es ihnen.
37 Darauf baten alle im Gebiet der Gerasener Jesus, sie zu verlassen; denn es hatte sie große Furcht gepackt. Da stieg Jesus ins Boot und fuhr zurück.
38 Der Mann, den die Dämonen verlassen hatten, bat Jesus, bei ihm bleiben zu dürfen. Doch Jesus schickte ihn weg und sagte:
39 Kehr in dein Haus zurück und erzähl alles, was Gott für dich getan hat! Da ging er weg und verkündete in der ganzen Stadt, was Jesus für ihn getan hatte.
Die Auferweckung der Tochter eines Synagogenvorstehers und die Heilung einer kranken Frau: 8,40–56
40 Als Jesus zurückkam, empfingen ihn viele Menschen; sie hatten alle schon auf ihn gewartet.
41 Siehe, da kam ein Mann namens Jaïrus, der Synagogenvorsteher war. Er fiel Jesus zu Füßen und bat ihn, in sein Haus zu kommen.
42 Denn er hatte eine einzige Tochter von etwa zwölf Jahren, die lag im Sterben. Während Jesus auf dem Weg war, drängten sich die Menschen eng um ihn.
43 Da war eine Frau, die schon seit zwölf Jahren an Blutfluss litt, ihren ganzen Lebensunterhalt für Ärzte aufgewandt hatte und von niemandem geheilt werden konnte.
44 Sie trat von hinten heran und berührte den Saum seines Gewandes. Im gleichen Augenblick kam der Blutfluss zum Stillstand.
45 Da fragte Jesus: Wer hat mich berührt? Als alle es abstritten, sagte Petrus: Meister, die Leute zwängen dich ein und drängen sich um dich.
46 Jesus erwiderte: Es hat mich jemand berührt; denn ich fühlte, wie eine Kraft von mir ausströmte.
47 Als die Frau merkte, dass sie nicht verborgen bleiben konnte, kam sie zitternd herbei, fiel vor ihm nieder und erzählte vor dem ganzen Volk, warum sie ihn berührt hatte und wie sie sofort geheilt worden war.
48 Da sagte er zu ihr: Tochter, dein Glaube hat dich gerettet. Geh in Frieden!
49 Während Jesus noch redete, kam einer von den Leuten des Synagogenvorstehers und sagte: Deine Tochter ist gestorben. Bemüh den Meister nicht länger!
50 Jesus hörte es und sagte darauf zu ihm: Fürchte dich nicht! Glaube nur, dann wird sie gerettet werden!
51 Als er in das Haus ging, ließ er niemanden mit sich hineingehen außer Petrus, Johannes und Jakobus und den Vater des Mädchens und die Mutter.
52 Alle Leute weinten und klagten um sie. Jesus aber sagte: Weint nicht! Sie ist nicht gestorben, sie schläft nur.
53 Da lachten sie ihn aus, weil sie wussten, dass sie tot war.
54 Er aber fasste sie an der Hand und rief: Mädchen, steh auf!
55 Da kehrte ihr Lebensatem zurück und sie stand sofort auf. Und er ordnete an, man solle ihr zu essen geben.
56 Ihre Eltern aber waren fassungslos. Doch Jesus gebot ihnen, niemandem zu erzählen, was geschehen war.
9
Die Aussendung der zwölf Jünger: 9,1–6
1 Dann rief er die Zwölf zu sich und gab ihnen Kraft und Vollmacht über alle Dämonen und um Krankheiten zu heilen.
2 Und er sandte sie aus, das Reich Gottes zu verkünden und die Kranken gesund zu machen.
3 Er sagte zu ihnen: Nehmt nichts mit auf den Weg, keinen Wanderstab und keine Vorratstasche, kein Brot, kein Geld und kein zweites Hemd!
4 Bleibt in dem Haus, in dem ihr einkehrt, bis ihr den Ort wieder verlasst!
5 Wenn euch aber die Leute nicht aufnehmen, dann geht weg aus jener Stadt und schüttelt den Staub von euren Füßen, zum Zeugnis gegen sie!
6 Die Zwölf machten sich auf den Weg und wanderten von Dorf zu Dorf. Sie verkündeten das Evangelium und heilten überall.
Das Urteil des Herodes über Jesus: 9,7–9
7 Der Tetrarch Herodes hörte von allem, was geschah, und wusste nicht, was er davon halten sollte. Denn manche sagten: Johannes ist von den Toten auferstanden.
8 Andere meinten: Elija ist erschienen. Wieder andere: Einer der alten Propheten ist auferstanden.
9 Herodes aber sagte: Johannes habe ich enthaupten lassen. Wer aber ist dieser, von dem man mir solche Dinge erzählt? Und er hatte den Wunsch, ihn zu sehen.
Die Rückkehr der Jünger und die Speisung der Fünftausend: 9,10–17
10 Die Apostel kamen zurück und erzählten Jesus, was sie alles getan hatten. Dann nahm er sie beiseite und zog sich mit ihnen allein in eine Stadt zurück, die Betsaida heißt.
11 Aber die Leute erfuhren davon und folgten ihm. Er empfing sie freundlich, redete zu ihnen vom Reich Gottes und machte gesund, die der Heilung bedurften.
12 Als der Tag zur Neige ging, kamen die Zwölf und sagten zu ihm: Schick die Leute weg, damit sie in die umliegenden Dörfer und Gehöfte gehen, dort Unterkunft finden und etwas zu essen bekommen; denn wir sind hier an einem abgelegenen Ort.
13 Er antwortete ihnen: Gebt ihr ihnen zu essen! Sie sagten: Wir haben nicht mehr als fünf Brote und zwei Fische; wir müssten erst weggehen und für dieses ganze Volk etwas zu essen kaufen.
14 Es waren nämlich etwa fünftausend Männer. Er aber sagte zu seinen Jüngern: Lasst sie sich in Gruppen zu ungefähr fünfzig lagern!
15 Die Jünger taten so und veranlassten, dass sich alle lagerten.
16 Jesus aber nahm die fünf Brote und die zwei Fische, blickte zum Himmel auf, sprach den Lobpreis und brach sie; dann gab er sie den Jüngern, damit sie diese an die Leute austeilten.
17 Und alle aßen und wurden satt. Als man die übrig gebliebenen Brotstücke einsammelte, waren es zwölf Körbe voll.
Das Christusbekenntnis des Petrus und die erste Ankündigung von Leiden und Auferstehung Jesu: 9,18–22
18 Und es geschah: Jesus betete für sich allein und die Jünger waren bei ihm. Da fragte er sie: Für wen halten mich die Leute?
19 Sie antworteten: Einige für Johannes den Täufer, andere für Elija; wieder andere sagen: Einer der alten Propheten ist auferstanden.
20 Da sagte er zu ihnen: Ihr aber, für wen haltet ihr mich? Petrus antwortete: Für den Christus Gottes.
21 Doch er befahl ihnen und wies sie an, es niemandem zu sagen.
22 Und er sagte: Der Menschensohn muss vieles erleiden und von den Ältesten, den Hohepriestern und den Schriftgelehrten verworfen werden; er muss getötet und am dritten Tage auferweckt werden.
Nachfolge und Selbstverleugnung: 9,23–27
23 Zu allen sagte er: Wenn einer hinter mir hergehen will, verleugne er sich selbst, nehme täglich sein Kreuz auf sich und folge mir nach.
24 Denn wer sein Leben retten will, wird es verlieren; wer aber sein Leben um meinetwillen verliert, der wird es retten.
25 Was nützt es einem Menschen, wenn er die ganze Welt gewinnt, dabei aber sich selbst verliert und Schaden nimmt?
26 Denn wer sich meiner und meiner Worte schämt, dessen wird sich der Menschensohn schämen, wenn er in seiner Herrlichkeit kommt und in der des Vaters und der heiligen Engel.
27 Wahrhaftig, das sage ich euch: Von denen, die hier stehen, werden einige den Tod nicht schmecken, bis sie das Reich Gottes gesehen haben.
Die Verklärung Jesu: 9,28–36
28 Es geschah aber: Etwa acht Tage nach diesen Worten nahm Jesus Petrus, Johannes und Jakobus mit sich und stieg auf einen Berg, um zu beten.
29 Und während er betete, veränderte sich das Aussehen seines Gesichtes und sein Gewand wurde leuchtend weiß.
30 Und siehe, es redeten zwei Männer mit ihm. Es waren Mose und Elija;
31 sie erschienen in Herrlichkeit und sprachen von seinem Ende, das er in Jerusalem erfüllen sollte.
32 Petrus und seine Begleiter aber waren eingeschlafen, wurden jedoch wach und sahen Jesus in strahlendem Licht und die zwei Männer, die bei ihm standen.
33 Und es geschah, als diese sich von ihm trennen wollten, sagte Petrus zu Jesus: Meister, es ist gut, dass wir hier sind. Wir wollen drei Hütten bauen, eine für dich, eine für Mose und eine für Elija. Er wusste aber nicht, was er sagte.
34 Während er noch redete, kam eine Wolke und überschattete sie. Sie aber fürchteten sich, als sie in die Wolke hineingerieten.
35 Da erscholl eine Stimme aus der Wolke: Dieser ist mein auserwählter Sohn, auf ihn sollt ihr hören.
36 Während die Stimme erscholl, fanden sie Jesus allein. Und sie schwiegen und erzählten in jenen Tagen niemandem von dem, was sie gesehen hatten.
Die erfolglosen Jünger: 9,37–43a
37 Es geschah aber am folgenden Tag: Als sie vom Berg hinabstiegen, kam ihm eine große Menschenmenge entgegen.
38 Und siehe, ein Mann aus der Menge schrie: Meister, ich bitte dich, schau auf meinen Sohn! Es ist mein einziger.
39 Siehe, ein Geist packt ihn, dass er plötzlich aufschreit, zerrt ihn hin und her und lässt ihn schäumen und der Geist quält ihn fast unaufhörlich.
40 Ich habe schon deine Jünger gebeten, ihn auszutreiben, aber sie konnten es nicht.
41 Da antwortete Jesus: O du ungläubige und verkehrte Generation! Wie lange muss ich noch bei euch sein und euch ertragen? Bring deinen Sohn her!
42 Als der Sohn herkam, warf der Dämon ihn zu Boden und zerrte ihn hin und her. Jesus aber drohte dem unreinen Geist, heilte den Knaben und gab ihn seinem Vater zurück.
43 Und alle waren außer sich vor Staunen über die Größe Gottes.
$Die zweite Ankündigung von Leiden und Auferstehung Jesu: 9,43b–45 Alle Leute staunten über das, was Jesus tat; er aber sagte zu seinen Jüngern:
44 Behaltet diese Worte in euren Ohren: Der Menschensohn wird nämlich in die Hände von Menschen ausgeliefert werden.
45 Doch die Jünger verstanden den Sinn seiner Worte nicht; er blieb ihnen verborgen, sodass sie ihn nicht begriffen. Aber sie scheuten sich, Jesus zu fragen, was er damit sagen wollte.
Der Rangstreit der Jünger: 9,46–48
46 Unter ihnen kam der Gedanke auf, wer von ihnen der Größte sei.
47 Jesus sah den Gedanken in ihren Herzen. Deshalb nahm er ein Kind, stellte es neben sich
48 und sagte zu ihnen: Wer dieses Kind in meinem Namen aufnimmt, der nimmt mich auf; und wer mich aufnimmt, der nimmt den auf, der mich gesandt hat. Denn wer unter euch allen der Kleinste ist, der ist groß.
Der fremde Wundertäter: 9,49–50
49 Da sagte Johannes: Meister, wir haben gesehen, wie jemand in deinem Namen Dämonen austrieb, und wir versuchten, ihn daran zu hindern, weil er nicht mit uns zusammen nachfolgt.
50 Jesus antwortete ihm: Hindert ihn nicht! Denn wer nicht gegen euch ist, der ist für euch.
Ablehnung und Konsequenz der Nachfolge: 9,51–62
51 Es geschah aber: Als sich die Tage erfüllten, dass er hinweggenommen werden sollte, fasste Jesus den festen Entschluss, nach Jerusalem zu gehen.
52 Und er schickte Boten vor sich her. Diese gingen und kamen in ein Dorf der Samariter und wollten eine Unterkunft für ihn besorgen.
53 Aber man nahm ihn nicht auf, weil er auf dem Weg nach Jerusalem war.
54 Als die Jünger Jakobus und Johannes das sahen, sagten sie: Herr, sollen wir sagen, dass Feuer vom Himmel fällt und sie verzehrt?
55 Da wandte er sich um und wies sie zurecht.
56 Und sie gingen in ein anderes Dorf.
57 Als sie auf dem Weg weiterzogen, sagte ein Mann zu Jesus: Ich will dir nachfolgen, wohin du auch gehst.
58 Jesus antwortete ihm: Die Füchse haben Höhlen und die Vögel des Himmels Nester; der Menschensohn aber hat keinen Ort, wo er sein Haupt hinlegen kann.
59 Zu einem anderen sagte er: Folge mir nach! Der erwiderte: Lass mich zuerst weggehen und meinen Vater begraben!
60 Jesus sagte zu ihm: Lass die Toten ihre Toten begraben; du aber geh und verkünde das Reich Gottes!
61 Wieder ein anderer sagte: Ich will dir nachfolgen, Herr. Zuvor aber lass mich Abschied nehmen von denen, die in meinem Hause sind.
62 Jesus erwiderte ihm: Keiner, der die Hand an den Pflug gelegt hat und nochmals zurückblickt, taugt für das Reich Gottes.
10
Die Aussendung der zweiundsiebzig Jünger: 10,1–16
1 Danach suchte der Herr zweiundsiebzig andere aus und sandte sie zu zweit vor sich her in alle Städte und Ortschaften, in die er selbst gehen wollte.
2 Er sagte zu ihnen: Die Ernte ist groß, aber es gibt nur wenig Arbeiter. Bittet also den Herrn der Ernte, Arbeiter für seine Ernte auszusenden!
3 Geht! Siehe, ich sende euch wie Schafe mitten unter die Wölfe.
4 Nehmt keinen Geldbeutel mit, keine Vorratstasche und keine Schuhe! Grüßt niemanden auf dem Weg!
5 Wenn ihr in ein Haus kommt, so sagt als Erstes: Friede diesem Haus!
6 Und wenn dort ein Sohn des Friedens wohnt, wird euer Friede auf ihm ruhen; andernfalls wird er zu euch zurückkehren.
7 Bleibt in diesem Haus, esst und trinkt, was man euch anbietet; denn wer arbeitet, ist seines Lohnes wert. Zieht nicht von einem Haus in ein anderes!
8 Wenn ihr in eine Stadt kommt und man euch aufnimmt, so esst, was man euch vorsetzt.
9 Heilt die Kranken, die dort sind, und sagt ihnen: Das Reich Gottes ist euch nahe!
10 Wenn ihr aber in eine Stadt kommt, in der man euch nicht aufnimmt, dann geht auf die Straße hinaus und ruft:
11 Selbst den Staub eurer Stadt, der an unseren Füßen klebt, lassen wir euch zurück; doch das sollt ihr wissen: Das Reich Gottes ist nahe.
12 Ich sage euch: Sodom wird es an jenem Tag erträglicher ergehen als dieser Stadt.
13 Weh dir, Chorazin! Weh dir, Betsaida! Denn wenn in Tyrus und Sidon die Machttaten geschehen wären, die bei euch geschehen sind - längst schon wären sie in Sack und Asche umgekehrt.
14 Doch Tyrus und Sidon wird es beim Gericht erträglicher ergehen als euch.
15 Und du, Kafarnaum, wirst du etwa bis zum Himmel erhoben werden? Bis zur Unterwelt wirst du hinabsteigen!
16 Wer euch hört, der hört mich, und wer euch ablehnt, der lehnt mich ab; wer aber mich ablehnt, der lehnt den ab, der mich gesandt hat.
Die Rückkehr der zweiundsiebzig Jünger und der Lobpreis Jesu: 10,17–24
17 Die Zweiundsiebzig kehrten zurück und sagten voller Freude: Herr, sogar die Dämonen sind uns in deinem Namen untertan.
18 Da sagte er zu ihnen: Ich sah den Satan wie einen Blitz aus dem Himmel fallen.
19 Siehe, ich habe euch die Vollmacht gegeben, auf Schlangen und Skorpione zu treten und über die ganze Macht des Feindes. Nichts wird euch schaden können.
20 Doch freut euch nicht darüber, dass euch die Geister gehorchen, sondern freut euch darüber, dass eure Namen im Himmel verzeichnet sind!
21 In dieser Stunde rief Jesus, vom Heiligen Geist erfüllt, voll Freude aus: Ich preise dich, Vater, Herr des Himmels und der Erde, weil du das vor den Weisen und Klugen verborgen und es den Unmündigen offenbart hast. Ja, Vater, so hat es dir gefallen.
22 Alles ist mir von meinem Vater übergeben worden; niemand erkennt, wer der Sohn ist, nur der Vater, und niemand erkennt, wer der Vater ist, nur der Sohn und der, dem es der Sohn offenbaren will.
23 Jesus wandte sich an die Jünger und sagte zu ihnen allein: Selig sind die Augen, die sehen, was ihr seht.
24 Denn ich sage euch: Viele Propheten und Könige wollten sehen, was ihr seht, und haben es nicht gesehen, und wollten hören, was ihr hört, und haben es nicht gehört.
Der barmherzige Samariter als Beispiel: 10,25–37
25 Und siehe, ein Gesetzeslehrer stand auf, um Jesus auf die Probe zu stellen, und fragte ihn: Meister, was muss ich tun, um das ewige Leben zu erben?
26 Jesus sagte zu ihm: Was steht im Gesetz geschrieben? Was liest du?
27 Er antwortete: Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben mit deinem ganzen Herzen und deiner ganzen Seele, mit deiner ganzen Kraft und deinem ganzen Denken, und deinen Nächsten wie dich selbst.
28 Jesus sagte zu ihm: Du hast richtig geantwortet. Handle danach und du wirst leben!
29 Der Gesetzeslehrer wollte sich rechtfertigen und sagte zu Jesus: Und wer ist mein Nächster?
30 Darauf antwortete ihm Jesus: Ein Mann ging von Jerusalem nach Jericho hinab und wurde von Räubern überfallen. Sie plünderten ihn aus und schlugen ihn nieder; dann gingen sie weg und ließen ihn halbtot liegen.
31 Zufällig kam ein Priester denselben Weg herab; er sah ihn und ging vorüber.
32 Ebenso kam auch ein Levit zu der Stelle; er sah ihn und ging vorüber.
33 Ein Samariter aber, der auf der Reise war, kam zu ihm; er sah ihn und hatte Mitleid,
34 ging zu ihm hin, goss Öl und Wein auf seine Wunden und verband sie. Dann hob er ihn auf sein eigenes Reittier, brachte ihn zu einer Herberge und sorgte für ihn.
35 Und am nächsten Tag holte er zwei Denare hervor, gab sie dem Wirt und sagte: Sorge für ihn, und wenn du mehr für ihn brauchst, werde ich es dir bezahlen, wenn ich wiederkomme.
36 Wer von diesen dreien meinst du, ist dem der Nächste geworden, der von den Räubern überfallen wurde?
37 Der Gesetzeslehrer antwortete: Der barmherzig an ihm gehandelt hat. Da sagte Jesus zu ihm: Dann geh und handle du genauso!
Maria und Marta: 10,38–42
38 Als sie weiterzogen, kam er in ein Dorf. Eine Frau namens Marta nahm ihn gastlich auf.
39 Sie hatte eine Schwester, die Maria hieß. Maria setzte sich dem Herrn zu Füßen und hörte seinen Worten zu.
40 Marta aber war ganz davon in Anspruch genommen zu dienen. Sie kam zu ihm und sagte: Herr, kümmert es dich nicht, dass meine Schwester die Arbeit mir allein überlässt? Sag ihr doch, sie soll mir helfen!
41 Der Herr antwortete: Marta, Marta, du machst dir viele Sorgen und Mühen.
42 Aber nur eines ist notwendig. Maria hat den guten Teil gewählt, der wird ihr nicht genommen werden.
11
Das Vaterunser und der Aufruf zum beharrlichen Bitten: 11,1–13
1 Und es geschah: Jesus betete einmal an einem Ort; als er das Gebet beendet hatte, sagte einer seiner Jünger zu ihm: Herr, lehre uns beten, wie auch Johannes seine Jünger beten gelehrt hat!
2 Da sagte er zu ihnen: Wenn ihr betet, so sprecht: Vater, geheiligt werde dein Name. / Dein Reich komme.
3 Gib uns täglich das Brot, das wir brauchen!
4 Und erlass uns unsere Sünden; / denn auch wir erlassen jedem, was er uns schuldig ist. / Und führe uns nicht in Versuchung!
5 Dann sagte er zu ihnen: Wenn einer von euch einen Freund hat und um Mitternacht zu ihm geht und sagt: Freund, leih mir drei Brote;
6 denn einer meiner Freunde, der auf Reisen ist, ist zu mir gekommen und ich habe ihm nichts anzubieten!,
7 wird dann der Mann drinnen antworten: Lass mich in Ruhe, die Tür ist schon verschlossen und meine Kinder schlafen bei mir; ich kann nicht aufstehen und dir etwas geben?
8 Ich sage euch: Wenn er schon nicht deswegen aufsteht und ihm etwas gibt, weil er sein Freund ist, so wird er doch wegen seiner Zudringlichkeit aufstehen und ihm geben, was er braucht.
9 Darum sage ich euch: Bittet und es wird euch gegeben; sucht und ihr werdet finden; klopft an und es wird euch geöffnet.
10 Denn wer bittet, der empfängt; wer sucht, der findet; und wer anklopft, dem wird geöffnet.
11 Oder welcher Vater unter euch, den der Sohn um einen Fisch bittet, gibt ihm statt eines Fisches eine Schlange
12 oder einen Skorpion, wenn er um ein Ei bittet?
13 Wenn nun ihr, die ihr böse seid, euren Kindern gute Gaben zu geben wisst, wie viel mehr wird der Vater im Himmel den Heiligen Geist denen geben, die ihn bitten.
Verteidigungsrede Jesu: 11,14–23
14 Jesus trieb einen Dämon aus, der stumm war. Es geschah aber: Als der Dämon ausgefahren war, da konnte der Mann reden. Alle Leute staunten.
15 Einige von ihnen aber sagten: Mit Hilfe von Beelzebul, dem Herrscher der Dämonen, treibt er die Dämonen aus.
16 Andere wollten ihn auf die Probe stellen und forderten von ihm ein Zeichen vom Himmel.
17 Doch er wusste, was sie dachten, und sagte zu ihnen: Jedes Reich, das in sich selbst gespalten ist, wird veröden und ein Haus ums andere stürzt ein.
18 Wenn also der Satan in sich selbst gespalten ist, wie kann sein Reich dann Bestand haben? Ihr sagt doch, dass ich die Dämonen mit Hilfe von Beelzebul austreibe.
19 Wenn ich aber die Dämonen durch Beelzebul austreibe, durch wen treiben dann eure Söhne sie aus? Deswegen werden sie eure Richter sein.
20 Wenn ich aber die Dämonen durch den Finger Gottes austreibe, dann ist das Reich Gottes schon zu euch gekommen.
21 Solange ein bewaffneter starker Mann seinen Hof bewacht, ist sein Besitz sicher;
22 wenn ihn aber ein Stärkerer angreift und besiegt, dann nimmt ihm der Stärkere seine ganze Rüstung, auf die er sich verlassen hat, und verteilt seine Beute.
23 Wer nicht mit mir ist, der ist gegen mich; wer nicht mit mir sammelt, der zerstreut.
Von der Rückkehr unreiner Geister: 11,24–26
24 Wenn ein unreiner Geist aus dem Menschen ausfährt, durchwandert er wasserlose Gegenden, um eine Ruhestätte zu suchen, findet aber keine. Dann sagt er: Ich will in mein Haus zurückkehren, das ich verlassen habe.
25 Und er kommt und findet es sauber und geschmückt.
26 Dann geht er und holt sieben andere Geister, die noch schlimmer sind als er selbst. Sie ziehen dort ein und lassen sich nieder. Und die letzten Dinge jenes Menschen werden schlimmer sein als die ersten.
Vom Verstehen des Wortes Gottes: 11,27–36
27 Es geschah aber: Als er das sagte, da erhob eine Frau aus der Menge ihre Stimme und rief ihm zu: Selig der Schoß, der dich getragen, und die Brust, die dich gestillt hat!
28 Er aber erwiderte: Ja, selig sind vielmehr, die das Wort Gottes hören und es befolgen.
29 Als immer mehr Menschen zusammenkamen, begann er zu sprechen: Diese Generation ist eine böse Generation. Sie fordert ein Zeichen; aber es wird ihr kein Zeichen gegeben werden außer das Zeichen des Jona.
30 Denn wie Jona für die Einwohner von Ninive ein Zeichen war, so wird es auch der Menschensohn für diese Generation sein.
31 Die Königin des Südens wird beim Gericht mit den Männern dieser Generation auftreten und sie verurteilen; denn sie kam von den Enden der Erde, um die Weisheit Salomos zu hören. Und siehe, hier ist mehr als Salomo.
32 Die Männer von Ninive werden beim Gericht mit dieser Generation auftreten und sie verurteilen; denn sie sind auf die Botschaft des Jona hin umgekehrt. Und siehe, hier ist mehr als Jona.
33 Niemand zündet eine Leuchte an und stellt sie in einen versteckten Winkel oder unter einen Scheffel, sondern auf einen Leuchter, damit alle, die eintreten, das Licht sehen.
34 Die Leuchte des Leibes ist dein Auge. Wenn dein Auge gesund ist, dann ist dein ganzer Leib hell. Wenn es aber krank ist, dann ist auch dein Leib finster.
35 Achte also darauf, dass das Licht in dir nicht Finsternis ist!
36 Wenn nun dein ganzer Leib hell ist und nichts Finsteres in ihm ist, dann wird er ganz hell sein, wie wenn die Leuchte dich mit ihrem Strahl bescheint.
Die Weherufe gegen die Pharisäer und Gesetzeslehrer: 11,37–54
37 Nach dieser Rede lud ein Pharisäer Jesus ein, bei ihm zu essen. Jesus ging zu ihm und begab sich zu Tisch.
38 Als der Pharisäer sah, dass er sich vor dem Essen nicht die Hände wusch, war er verwundert.
39 Da sagte der Herr zu ihm: O ihr Pharisäer! Ihr haltet zwar Becher und Teller außen sauber, innen aber seid ihr voll Raffsucht und Bosheit.
40 Ihr Unverständigen! Hat nicht der, der das Äußere schuf, auch das Innere geschaffen?
41 Gebt lieber als Almosen, was ihr habt; und siehe, alles ist für euch rein.
42 Doch weh euch Pharisäern! Ihr gebt den Zehnten von Minze, Gewürzkraut und allem Gemüse und geht am Recht und an der Liebe Gottes vorbei. Man muss das eine tun, ohne das andere zu unterlassen.
43 Weh euch Pharisäern! Ihr liebt den Ehrenplatz in den Synagogen und wollt auf den Straßen und Plätzen gegrüßt werden.
44 Weh euch: Ihr seid wie Gräber, die man nicht mehr sieht; die Leute gehen darüber, ohne es zu merken.
45 Darauf erwiderte ihm ein Gesetzeslehrer: Meister, mit diesen Worten beleidigst du auch uns.
46 Er antwortete: Weh auch euch Gesetzeslehrern! Ihr ladet den Menschen unerträgliche Lasten auf, selbst aber rührt ihr die Lasten mit keinem Finger an.
47 Weh euch! Ihr errichtet Denkmäler für die Propheten, die von euren Vätern umgebracht wurden.
48 Damit bestätigt und billigt ihr, was eure Väter getan haben. Sie haben die Propheten umgebracht, ihr errichtet ihnen Bauten.
49 Deshalb hat auch die Weisheit Gottes gesagt: Ich werde Propheten und Apostel zu ihnen senden und sie werden einige von ihnen töten und andere verfolgen,
50 damit das Blut aller Propheten, das seit der Erschaffung der Welt vergossen worden ist, von dieser Generation gefordert wird,
51 vom Blut Abels bis zum Blut des Zacharias, der zwischen Altar und Tempelhaus umgebracht wurde. Ja, das sage ich euch: An dieser Generation wird es gerächt werden.
52 Weh euch Gesetzeslehrern! Ihr habt den Schlüssel zur Erkenntnis weggenommen. Ihr selbst seid nicht hineingegangen und die, die hineingehen wollten, habt ihr daran gehindert.
53 Als Jesus von dort weggegangen war, begannen die Schriftgelehrten und die Pharisäer, ihn mit vielerlei Fragen hartnäckig zu bedrängen;
54 sie lauerten ihm auf, um ihn in seinen eigenen Worten zu fangen.
12
Mut zum öffentlichen Bekenntnis: 12,1–12
1 Unterdessen strömten Tausende von Menschen zusammen, sodass es ein gefährliches Gedränge gab. Jesus begann zu sprechen, vor allem zu seinen Jüngern: Hütet euch vor dem Sauerteig der Pharisäer, das heißt vor der Heuchelei!
2 Nichts ist verhüllt, was nicht enthüllt wird, und nichts ist verborgen, was nicht bekannt wird.
3 Deshalb wird man alles, was ihr im Dunkeln redet, im Licht hören, und was ihr einander hinter verschlossenen Türen ins Ohr flüstert, das wird man auf den Dächern verkünden.
4 Euch aber, meinen Freunden, sage ich: Fürchtet euch nicht vor denen, die den Leib töten, danach aber nichts weiter tun können!
5 Ich will euch zeigen, wen ihr fürchten sollt: Fürchtet euch vor dem, der nicht nur töten kann, sondern die Macht hat, euch auch noch in die Hölle zu werfen! Ja, das sage ich euch: Ihn sollt ihr fürchten.
6 Verkauft man nicht fünf Spatzen für zwei Pfennige? Und doch ist nicht einer von ihnen vor Gott vergessen.
7 Bei euch aber sind sogar die Haare auf dem Kopf alle gezählt. Fürchtet euch nicht! Ihr seid mehr wert als viele Spatzen.
8 Ich sage euch aber: Jeder, der sich vor den Menschen zu mir bekennt, zu dem wird sich auch der Menschensohn vor den Engeln Gottes bekennen.
9 Wer mich aber vor den Menschen verleugnet, der wird auch vor den Engeln Gottes verleugnet werden.
10 Jedem, der ein Wort gegen den Menschensohn sagt, wird vergeben werden; wer aber den Heiligen Geist lästert, dem wird nicht vergeben werden.
11 Wenn man euch vor die Gerichte der Synagogen und vor die Herrscher und Machthaber schleppt, dann macht euch keine Sorgen, wie ihr euch verteidigen oder was ihr sagen sollt!
12 Denn der Heilige Geist wird euch in derselben Stunde lehren, was ihr sagen müsst.
Die Vorläufigkeit des Besitzes: 12,13–21
13 Einer aus der Volksmenge bat Jesus: Meister, sag meinem Bruder, er soll das Erbe mit mir teilen!
14 Er erwiderte ihm: Mensch, wer hat mich zum Richter oder Erbteiler bei euch eingesetzt?
15 Dann sagte er zu den Leuten: Gebt Acht, hütet euch vor jeder Art von Habgier! Denn das Leben eines Menschen besteht nicht darin, dass einer im Überfluss seines Besitzes lebt.
16 Und er erzählte ihnen folgendes Gleichnis: Auf den Feldern eines reichen Mannes stand eine gute Ernte.
17 Da überlegte er bei sich selbst: Was soll ich tun? Ich habe keinen Platz, wo ich meine Ernte unterbringen könnte.
18 Schließlich sagte er: So will ich es machen: Ich werde meine Scheunen abreißen und größere bauen; dort werde ich mein ganzes Getreide und meine Vorräte unterbringen.
19 Dann werde ich zu meiner Seele sagen: Seele, nun hast du einen großen Vorrat, der für viele Jahre reicht. Ruh dich aus, iss und trink und freue dich!
20 Da sprach Gott zu ihm: Du Narr! Noch in dieser Nacht wird man dein Leben von dir zurückfordern. Wem wird dann das gehören, was du angehäuft hast?
21 So geht es einem, der nur für sich selbst Schätze sammelt, aber bei Gott nicht reich ist.
Von der rechten Sorge: 12,22–34
22 Und er sagte zu seinen Jüngern: Deswegen sage ich euch: Sorgt euch nicht um euer Leben, was ihr essen sollt, noch um euren Leib, was ihr anziehen sollt!
23 Denn das Leben ist mehr als die Nahrung und der Leib mehr als die Kleidung.
24 Seht auf die Raben: Sie säen nicht und ernten nicht, sie haben keine Vorratskammer und keine Scheune; und Gott ernährt sie. Wie viel mehr seid ihr wert als die Vögel!
25 Wer von euch kann mit all seiner Sorge sein Leben auch nur um eine kleine Spanne verlängern?
26 Wenn ihr nicht einmal etwas so Geringes könnt, warum macht ihr euch dann Sorgen um das Übrige?
27 Seht euch die Lilien an, wie sie wachsen: Sie arbeiten nicht und spinnen nicht. Doch ich sage euch: Selbst Salomo war in all seiner Pracht nicht gekleidet wie eine von ihnen.
28 Wenn aber Gott schon das Gras so kleidet, das heute auf dem Feld steht und morgen in den Ofen geworfen wird, wie viel mehr dann euch, ihr Kleingläubigen!
29 Und darum auch ihr: Sucht nicht, was ihr essen und was ihr trinken sollt, und ängstigt euch nicht!
30 Denn nach all dem streben die Heiden in der Welt. Euer Vater weiß, dass ihr das braucht.
31 Vielmehr sucht sein Reich; dann wird euch das andere dazugegeben.
32 Fürchte dich nicht, du kleine Herde! Denn euer Vater hat beschlossen, euch das Reich zu geben.
33 Verkauft euren Besitz und gebt Almosen! Macht euch Geldbeutel, die nicht alt werden! Verschafft euch einen Schatz, der nicht abnimmt, im Himmel, wo kein Dieb ihn findet und keine Motte ihn frisst!
34 Denn wo euer Schatz ist, da ist auch euer Herz.
Aufforderung zur Wachsamkeit: 12,35–48
35 Eure Hüften sollen gegürtet sein und eure Lampen brennen!
36 Seid wie Menschen, die auf ihren Herrn warten, der von einer Hochzeit zurückkehrt, damit sie ihm sogleich öffnen, wenn er kommt und anklopft!
37 Selig die Knechte, die der Herr wach findet, wenn er kommt! Amen, ich sage euch: Er wird sich gürten, sie am Tisch Platz nehmen lassen und sie der Reihe nach bedienen.
38 Und kommt er erst in der zweiten oder dritten Nachtwache und findet sie wach - selig sind sie.
39 Bedenkt: Wenn der Herr des Hauses wüsste, in welcher Stunde der Dieb kommt, so würde er verhindern, dass man in sein Haus einbricht.
40 Haltet auch ihr euch bereit! Denn der Menschensohn kommt zu einer Stunde, in der ihr es nicht erwartet.
41 Da sagte Petrus: Herr, sagst du dieses Gleichnis nur zu uns oder auch zu allen?
42 Der Herr antwortete: Wer ist denn der treue und kluge Verwalter, den der Herr über sein Gesinde einsetzen wird, damit er ihnen zur rechten Zeit die Tagesration gibt?
43 Selig der Knecht, den der Herr damit beschäftigt findet, wenn er kommt!
44 Wahrhaftig, ich sage euch: Er wird ihn über sein ganzes Vermögen einsetzen.
45 Wenn aber der Knecht in seinem Herzen sagt: Mein Herr verspätet sich zu kommen! und anfängt, die Knechte und Mägde zu schlagen, auch zu essen und zu trinken und sich zu berauschen,
46 dann wird der Herr jenes Knechtes an einem Tag kommen, an dem er es nicht erwartet, und zu einer Stunde, die er nicht kennt; und der Herr wird ihn in Stücke hauen und ihm seinen Platz unter den Ungläubigen zuweisen.
47 Der Knecht, der den Willen seines Herrn kennt, sich aber nicht darum kümmert und nicht danach handelt, der wird viele Schläge bekommen.
48 Wer aber, ohne den Willen des Herrn zu kennen, etwas tut, was Schläge verdient, der wird wenig Schläge bekommen. Wem viel gegeben wurde, von dem wird viel zurückgefordert werden, und wem man viel anvertraut hat, von dem wird man umso mehr verlangen.
Die Zeit der Entscheidung: 12,49–13,9
49 Ich bin gekommen, um Feuer auf die Erde zu werfen. Wie froh wäre ich, es würde schon brennen!
50 Ich muss mit einer Taufe getauft werden und wie bin ich bedrängt, bis sie vollzogen ist.
51 Meint ihr, ich sei gekommen, um Frieden auf der Erde zu bringen? Nein, sage ich euch, sondern Spaltung.
52 Denn von nun an werden fünf Menschen im gleichen Haus in Zwietracht leben: Drei werden gegen zwei stehen und zwei gegen drei;
53 der Vater wird gegen den Sohn stehen und der Sohn gegen den Vater, die Mutter gegen die Tochter und die Tochter gegen die Mutter, die Schwiegermutter gegen ihre Schwiegertochter und die Schwiegertochter gegen die Schwiegermutter.
54 Außerdem sagte Jesus zu der Volksmenge: Wenn ihr im Westen eine Wolke aufsteigen seht, sagt ihr sofort: Es gibt Regen. Und so geschieht es.
55 Und wenn der Südwind weht, sagt ihr: Es wird heiß. Und es geschieht.
56 Ihr Heuchler! Das Aussehen der Erde und des Himmels wisst ihr zu deuten. Warum könnt ihr dann diese Zeit der Entscheidung nicht deuten?
57 Warum findet ihr nicht schon von selbst das rechte Urteil?
58 Denn wenn du mit deinem Gegner zum Gericht gehst, bemüh dich noch auf dem Weg, dich mit ihm zu einigen! Sonst wird er dich vor den Richter schleppen und der Richter wird dich dem Gerichtsdiener übergeben und der Gerichtsdiener wird dich ins Gefängnis werfen.
59 Ich sage dir: Du kommst von dort nicht heraus, bis du auch die letzte Münze bezahlt hast.
13
1 Zur gleichen Zeit kamen einige Leute und berichteten Jesus von den Galiläern, deren Blut Pilatus mit dem ihrer Opfertiere vermischt hatte.
2 Und er antwortete ihnen: Meint ihr, dass diese Galiläer größere Sünder waren als alle anderen Galiläer, weil das mit ihnen geschehen ist?
3 Nein, sage ich euch, vielmehr werdet ihr alle genauso umkommen, wenn ihr nicht umkehrt.
4 Oder jene achtzehn Menschen, die beim Einsturz des Turms am Schiloach erschlagen wurden - meint ihr, dass sie größere Schuld auf sich geladen hatten als alle anderen Einwohner von Jerusalem?
5 Nein, sage ich euch, vielmehr werdet ihr alle ebenso umkommen, wenn ihr nicht umkehrt.
6 Und er erzählte ihnen dieses Gleichnis: Ein Mann hatte in seinem Weinberg einen Feigenbaum gepflanzt; und als er kam und nachsah, ob er Früchte trug, fand er keine.
7 Da sagte er zu seinem Winzer: Siehe, jetzt komme ich schon drei Jahre und sehe nach, ob dieser Feigenbaum Früchte trägt, und finde nichts. Hau ihn um! Was soll er weiter dem Boden seine Kraft nehmen?
8 Der Winzer erwiderte: Herr, lass ihn dieses Jahr noch stehen; ich will den Boden um ihn herum aufgraben und düngen.
9 Vielleicht trägt er in Zukunft Früchte; wenn nicht, dann lass ihn umhauen!
Die Heilung einer Frau am Sabbat: 13,10–17
10 Am Sabbat lehrte Jesus in einer Synagoge.
11 Und siehe, da war eine Frau, die seit achtzehn Jahren krank war, weil sie von einem Geist geplagt wurde; sie war ganz verkrümmt und konnte nicht mehr aufrecht gehen.
12 Als Jesus sie sah, rief er sie zu sich und sagte: Frau, du bist von deinem Leiden erlöst.
13 Und er legte ihr die Hände auf. Im gleichen Augenblick richtete sie sich auf und pries Gott.
14 Der Synagogenvorsteher aber war empört darüber, dass Jesus am Sabbat heilte, und sagte zu den Leuten: Sechs Tage sind zum Arbeiten da. Kommt also an diesen Tagen und lasst euch heilen, nicht am Sabbat!
15 Der Herr erwiderte ihm: Ihr Heuchler! Bindet nicht jeder von euch am Sabbat seinen Ochsen oder Esel von der Krippe los und führt ihn zur Tränke?
16 Diese Frau aber, die eine Tochter Abrahams ist und die der Satan schon seit achtzehn Jahren gefesselt hielt, sollte am Sabbat nicht davon befreit werden dürfen?
17 Durch diese Worte wurden alle seine Gegner beschämt; das ganze Volk aber freute sich über all die großen Taten, die er vollbrachte.
Die Gleichnisse vom Senfkorn und vom Sauerteig: 13,18–21
18 Er aber sagte: Wem ist das Reich Gottes ähnlich, womit soll ich es vergleichen?
19 Es ist wie ein Senfkorn, das ein Mann nahm und in seinen Garten säte; es wuchs und wurde zu einem Baum und die Vögel des Himmels nisteten in seinen Zweigen.
20 Noch einmal sagte er: Womit soll ich das Reich Gottes vergleichen?
21 Es ist wie der Sauerteig, den eine Frau nahm und unter drei Sea Mehl verbarg, bis das Ganze durchsäuert war.
Von der engen und der verschlossenen Tür: 13,22–30
22 Auf seinem Weg nach Jerusalem zog er von Stadt zu Stadt und von Dorf zu Dorf und lehrte.
23 Da fragte ihn einer: Herr, sind es nur wenige, die gerettet werden? Er sagte zu ihnen:
24 Bemüht euch mit allen Kräften, durch die enge Tür zu gelangen; denn viele, sage ich euch, werden versuchen hineinzukommen, aber es wird ihnen nicht gelingen.
25 Wenn der Herr des Hauses aufsteht und die Tür verschließt und ihr draußen steht, an die Tür klopft und ruft: Herr, mach uns auf!, dann wird er euch antworten: Ich weiß nicht, woher ihr seid.
26 Dann werdet ihr anfangen zu sagen: Wir haben doch in deinem Beisein gegessen und getrunken und du hast auf unseren Straßen gelehrt.
27 Er aber wird euch erwidern: Ich weiß nicht, woher ihr seid. Weg von mir, ihr habt alle Unrecht getan!
28 Dort wird Heulen und Zähneknirschen sein, wenn ihr seht, dass Abraham, Isaak und Jakob und alle Propheten im Reich Gottes sind, ihr selbst aber ausgeschlossen seid.
29 Und sie werden von Osten und Westen und von Norden und Süden kommen und im Reich Gottes zu Tisch sitzen.
30 Und siehe, da sind Letzte, die werden Erste sein, und da sind Erste, die werden Letzte sein.
Jerusalem und die Propheten: 13,31–35
31 Zur selben Stunde kamen einige Pharisäer und sagten zu ihm: Geh weg, zieh fort von hier, denn Herodes will dich töten.
32 Er antwortete ihnen: Geht und sagt diesem Fuchs: Siehe, ich treibe Dämonen aus und vollbringe Heilungen, heute und morgen, und am dritten Tag werde ich vollendet.
33 Doch heute und morgen und am folgenden Tag muss ich weiterwandern; denn ein Prophet darf nicht außerhalb Jerusalems umkommen.
34 Jerusalem, Jerusalem, du tötest die Propheten und steinigst die Boten, die zu dir gesandt sind. Wie oft wollte ich deine Kinder sammeln, so wie eine Henne ihre Küken unter ihre Flügel nimmt; aber ihr habt nicht gewollt.
35 Siehe, euer Haus wird euch selbst überlassen. Ich sage euch: Ihr werdet mich nicht mehr sehen, bis die Zeit kommt, in der ihr ruft: Gepriesen sei er, der kommt im Namen des Herrn!
14
Heilung am Sabbat: 14,1–6
1 Und es geschah: Jesus kam an einem Sabbat in das Haus eines führenden Pharisäers zum Essen. Da beobachtete man ihn genau.
2 Und siehe, ein Mann, der an Wassersucht litt, stand vor ihm.
3 Jesus wandte sich an die Gesetzeslehrer und die Pharisäer und fragte: Ist es am Sabbat erlaubt zu heilen, oder nicht?
4 Sie schwiegen. Da berührte er den Mann, heilte ihn und ließ ihn gehen.
5 Zu ihnen aber sagte er: Wer von euch wird seinen Sohn oder seinen Ochsen, der in den Brunnen fällt, nicht sofort herausziehen, auch am Sabbat?
6 Darauf konnten sie ihm nichts erwidern.
Die Rangordnung im Reich Gottes: 14,7–11
7 Als er bemerkte, wie sich die Gäste die Ehrenplätze aussuchten, erzählte er ihnen ein Gleichnis. Er sagte zu ihnen:
8 Wenn du von jemandem zu einer Hochzeit eingeladen bist, nimm nicht den Ehrenplatz ein! Denn es könnte ein anderer von ihm eingeladen sein, der vornehmer ist als du,
9 und dann würde der Gastgeber, der dich und ihn eingeladen hat, kommen und zu dir sagen: Mach diesem hier Platz! Du aber wärst beschämt und müsstest den untersten Platz einnehmen.
10 Vielmehr, wenn du eingeladen bist, geh hin und nimm den untersten Platz ein, damit dein Gastgeber zu dir kommt und sagt: Mein Freund, rück weiter hinauf! Das wird für dich eine Ehre sein vor allen anderen Gästen.
11 Denn wer sich selbst erhöht, wird erniedrigt, und wer sich selbst erniedrigt, wird erhöht werden.
Von den rechten Gästen: 14,12–14
12 Dann sagte er zu dem Gastgeber: Wenn du mittags oder abends ein Essen gibst, lade nicht deine Freunde oder deine Brüder, deine Verwandten oder reiche Nachbarn ein; sonst laden auch sie dich wieder ein und dir ist es vergolten.
13 Nein, wenn du ein Essen gibst, dann lade Arme, Krüppel, Lahme und Blinde ein.
14 Du wirst selig sein, denn sie haben nichts, um es dir zu vergelten; es wird dir vergolten werden bei der Auferstehung der Gerechten.
Das Gleichnis vom Festmahl: 14,15–24
15 Als einer der Gäste das hörte, sagte er zu Jesus: Selig, wer im Reich Gottes am Mahl teilnehmen darf.
16 Jesus sagte zu ihm: Ein Mann veranstaltete ein großes Festmahl und lud viele dazu ein.
17 Zur Stunde des Festmahls schickte er seinen Diener aus und ließ denen, die er eingeladen hatte, sagen: Kommt, alles ist bereit!
18 Aber alle fingen an, einer nach dem anderen, sich zu entschuldigen. Der erste ließ ihm sagen: Ich habe einen Acker gekauft und muss dringend gehen und ihn besichtigen. Bitte, entschuldige mich!
19 Ein anderer sagte: Ich habe fünf Ochsengespanne gekauft und bin auf dem Weg, um sie zu prüfen. Bitte, entschuldige mich!
20 Wieder ein anderer sagte: Ich habe geheiratet und kann deshalb nicht kommen.
21 Der Diener kehrte zurück und berichtete dies seinem Herrn. Da wurde der Hausherr zornig und sagte zu seinem Diener: Geh schnell hinaus auf die Straßen und Gassen der Stadt und hol die Armen und die Krüppel, die Blinden und die Lahmen hierher!
22 Und der Diener meldete: Herr, dein Auftrag ist ausgeführt; und es ist immer noch Platz.
23 Da sagte der Herr zu dem Diener: Geh zu den Wegen und Zäunen und nötige die Leute hereinzukommen, damit mein Haus voll wird.
24 Denn ich sage euch: Keiner von denen, die eingeladen waren, wird an meinem Mahl teilnehmen.
Die Forderungen der Nachfolge: 14,25–35
25 Viele Menschen begleiteten ihn; da wandte er sich an sie und sagte:
26 Wenn jemand zu mir kommt und nicht Vater und Mutter, Frau und Kinder, Brüder und Schwestern, ja sogar sein Leben gering achtet, dann kann er nicht mein Jünger sein.
27 Wer nicht sein Kreuz trägt und hinter mir hergeht, der kann nicht mein Jünger sein.
28 Denn wenn einer von euch einen Turm bauen will, setzt er sich dann nicht zuerst hin und berechnet die Kosten, ob seine Mittel für das ganze Vorhaben ausreichen?
29 Sonst könnte es geschehen, dass er das Fundament gelegt hat, dann aber den Bau nicht fertigstellen kann. Und alle, die es sehen, würden ihn verspotten
30 und sagen: Der da hat einen Bau begonnen und konnte ihn nicht zu Ende führen.
31 Oder wenn ein König gegen einen anderen in den Krieg zieht, setzt er sich dann nicht zuerst hin und überlegt, ob er sich mit seinen zehntausend Mann dem entgegenstellen kann, der mit zwanzigtausend gegen ihn anrückt?
32 Kann er es nicht, dann schickt er eine Gesandtschaft, solange der andere noch weit weg ist, und bittet um Frieden.
33 Ebenso kann keiner von euch mein Jünger sein, wenn er nicht auf seinen ganzen Besitz verzichtet.
34 Das Salz ist etwas Gutes. Wenn aber das Salz seinen Geschmack verliert, womit kann man ihm die Würze wiedergeben?
35 Es taugt weder für den Acker noch für den Misthaufen, man wirft es weg. Wer Ohren hat zu hören, der höre!
15
Das Doppelgleichnis vom verlorenen Schaf und von der verlorenen Drachme: 15,1–10
1 Alle Zöllner und Sünder kamen zu ihm, um ihn zu hören.
2 Die Pharisäer und die Schriftgelehrten empörten sich darüber und sagten: Dieser nimmt Sünder auf und isst mit ihnen.
3 Da erzählte er ihnen dieses Gleichnis und sagte:
4 Wenn einer von euch hundert Schafe hat und eins davon verliert, lässt er dann nicht die neunundneunzig in der Wüste zurück und geht dem verlorenen nach, bis er es findet?
5 Und wenn er es gefunden hat, nimmt er es voll Freude auf die Schultern,
6 und wenn er nach Hause kommt, ruft er die Freunde und Nachbarn zusammen und sagt zu ihnen: Freut euch mit mir, denn ich habe mein Schaf wiedergefunden, das verloren war!
7 Ich sage euch: Ebenso wird im Himmel mehr Freude herrschen über einen einzigen Sünder, der umkehrt, als über neunundneunzig Gerechte, die keine Umkehr nötig haben.
8 Oder wenn eine Frau zehn Drachmen hat und eine davon verliert, zündet sie dann nicht eine Lampe an, fegt das Haus und sucht sorgfältig, bis sie die Drachme findet?
9 Und wenn sie diese gefunden hat, ruft sie die Freundinnen und Nachbarinnen zusammen und sagt: Freut euch mit mir, denn ich habe die Drachme wiedergefunden, die ich verloren hatte!
10 Ebenso, sage ich euch, herrscht bei den Engeln Gottes Freude über einen einzigen Sünder, der umkehrt.
Das Gleichnis vom verlorenen Sohn: 15,11–32
11 Weiter sagte Jesus: Ein Mann hatte zwei Söhne.
12 Der jüngere von ihnen sagte zu seinem Vater: Vater, gib mir das Erbteil, das mir zusteht! Da teilte der Vater das Vermögen unter sie auf.
13 Nach wenigen Tagen packte der jüngere Sohn alles zusammen und zog in ein fernes Land. Dort führte er ein zügelloses Leben und verschleuderte sein Vermögen.
14 Als er alles durchgebracht hatte, kam eine große Hungersnot über jenes Land und er begann Not zu leiden.
15 Da ging er zu einem Bürger des Landes und drängte sich ihm auf; der schickte ihn aufs Feld zum Schweinehüten.
16 Er hätte gern seinen Hunger mit den Futterschoten gestillt, die die Schweine fraßen; aber niemand gab ihm davon.
17 Da ging er in sich und sagte: Wie viele Tagelöhner meines Vaters haben Brot im Überfluss, ich aber komme hier vor Hunger um.
18 Ich will aufbrechen und zu meinem Vater gehen und zu ihm sagen: Vater, ich habe mich gegen den Himmel und gegen dich versündigt.
19 Ich bin nicht mehr wert, dein Sohn zu sein; mach mich zu einem deiner Tagelöhner!
20 Dann brach er auf und ging zu seinem Vater. Der Vater sah ihn schon von Weitem kommen und er hatte Mitleid mit ihm. Er lief dem Sohn entgegen, fiel ihm um den Hals und küsste ihn.
21 Da sagte der Sohn zu ihm: Vater, ich habe mich gegen den Himmel und gegen dich versündigt; ich bin nicht mehr wert, dein Sohn zu sein.
22 Der Vater aber sagte zu seinen Knechten: Holt schnell das beste Gewand und zieht es ihm an, steckt einen Ring an seine Hand und gebt ihm Sandalen an die Füße!
23 Bringt das Mastkalb her und schlachtet es; wir wollen essen und fröhlich sein.
24 Denn dieser, mein Sohn, war tot und lebt wieder; er war verloren und ist wiedergefunden worden. Und sie begannen, ein Fest zu feiern.
25 Sein älterer Sohn aber war auf dem Feld. Als er heimging und in die Nähe des Hauses kam, hörte er Musik und Tanz.
26 Da rief er einen der Knechte und fragte, was das bedeuten solle.
27 Der Knecht antwortete ihm: Dein Bruder ist gekommen und dein Vater hat das Mastkalb schlachten lassen, weil er ihn gesund wiederbekommen hat.
28 Da wurde er zornig und wollte nicht hineingehen. Sein Vater aber kam heraus und redete ihm gut zu.
29 Doch er erwiderte seinem Vater: Siehe, so viele Jahre schon diene ich dir und nie habe ich dein Gebot übertreten; mir aber hast du nie einen Ziegenbock geschenkt, damit ich mit meinen Freunden ein Fest feiern konnte.
30 Kaum aber ist der hier gekommen, dein Sohn, der dein Vermögen mit Dirnen durchgebracht hat, da hast du für ihn das Mastkalb geschlachtet.
31 Der Vater antwortete ihm: Mein Kind, du bist immer bei mir und alles, was mein ist, ist auch dein.
32 Aber man muss doch ein Fest feiern und sich freuen; denn dieser, dein Bruder, war tot und lebt wieder; er war verloren und ist wiedergefunden worden.
16
Das Gleichnis vom Verwalter und der Ungerechtigkeit: 16,1–9
1 Jesus sprach aber auch zu den Jüngern: Ein reicher Mann hatte einen Verwalter. Diesen beschuldigte man bei ihm, er verschleudere sein Vermögen.
2 Darauf ließ er ihn rufen und sagte zu ihm: Was höre ich über dich? Leg Rechenschaft ab über deine Verwaltung! Denn du kannst nicht länger mein Verwalter sein.
3 Da überlegte der Verwalter: Was soll ich jetzt tun, da mein Herr mir die Verwaltung entzieht? Zu schwerer Arbeit tauge ich nicht und zu betteln schäme ich mich.
4 Ich weiß, was ich tun werde, damit mich die Leute in ihre Häuser aufnehmen, wenn ich als Verwalter abgesetzt bin.
5 Und er ließ die Schuldner seines Herrn, einen nach dem anderen, zu sich kommen und fragte den ersten: Wie viel bist du meinem Herrn schuldig?
6 Er antwortete: Hundert Fass Öl. Da sagte er zu ihm: Nimm deinen Schuldschein, setz dich schnell hin und schreib fünfzig!
7 Dann fragte er einen andern: Wie viel bist du schuldig? Der antwortete: Hundert Sack Weizen. Da sagte er zu ihm: Nimm deinen Schuldschein und schreib achtzig!
8 Und der Herr lobte den ungerechten Verwalter, weil er klug gehandelt hatte, und sagte: Die Kinder dieser Welt sind im Umgang mit ihresgleichen klüger als die Kinder des Lichtes.
9 Ich sage euch: Macht euch Freunde mit dem ungerechten Mammon, damit ihr in die ewigen Wohnungen aufgenommen werdet, wenn es zu Ende geht!
Vom Umgang mit Besitz: 16,10–13
10 Wer in den kleinsten Dingen zuverlässig ist, der ist es auch in den großen, und wer bei den kleinsten Dingen Unrecht tut, der tut es auch bei den großen.
11 Wenn ihr nun im Umgang mit dem ungerechten Mammon nicht zuverlässig gewesen seid, wer wird euch dann das wahre Gut anvertrauen?
12 Und wenn ihr im Umgang mit dem fremden Gut nicht zuverlässig gewesen seid, wer wird euch dann das Eure geben?
13 Kein Sklave kann zwei Herren dienen; er wird entweder den einen hassen und den andern lieben oder er wird zu dem einen halten und den andern verachten. Ihr könnt nicht Gott dienen und dem Mammon.
Das Gesetz in Gottes Reich: 16,14–18
14 Das alles hörten auch die Pharisäer, die sehr am Geld hingen, und sie lachten über ihn.
15 Da sagte er zu ihnen: Ihr stellt euch selbst vor den Menschen als gerecht hin; aber Gott kennt eure Herzen. Denn was die Menschen für großartig halten, das ist vor Gott ein Gräuel.
16 Das Gesetz und die Propheten reichen bis zu Johannes. Von da an wird das Evangelium vom Reich Gottes verkündet und jeder drängt sich mit Gewalt hinein.
17 Aber eher werden Himmel und Erde vergehen, als dass auch nur ein Häkchen im Gesetz wegfällt.
18 Wer seine Frau aus der Ehe entlässt und eine andere heiratet, begeht Ehebruch; auch wer eine Frau heiratet, die von ihrem Mann entlassen worden ist, begeht Ehebruch.
Das Beispiel vom reichen Mann und vom armen Lazarus: 16,19–31
19 Es war einmal ein reicher Mann, der sich in Purpur und feines Leinen kleidete und Tag für Tag glanzvolle Feste feierte.
20 Vor der Tür des Reichen aber lag ein armer Mann namens Lazarus, dessen Leib voller Geschwüre war.
21 Er hätte gern seinen Hunger mit dem gestillt, was vom Tisch des Reichen herunterfiel. Stattdessen kamen die Hunde und leckten an seinen Geschwüren.
22 Es geschah aber: Der Arme starb und wurde von den Engeln in Abrahams Schoß getragen. Auch der Reiche starb und wurde begraben.
23 In der Unterwelt, wo er qualvolle Schmerzen litt, blickte er auf und sah von Weitem Abraham und Lazarus in seinem Schoß.
24 Da rief er: Vater Abraham, hab Erbarmen mit mir und schick Lazarus; er soll die Spitze seines Fingers ins Wasser tauchen und mir die Zunge kühlen, denn ich leide große Qual in diesem Feuer.
25 Abraham erwiderte: Mein Kind, erinnere dich daran, dass du schon zu Lebzeiten deine Wohltaten erhalten hast, Lazarus dagegen nur Schlechtes. Jetzt wird er hier getröstet, du aber leidest große Qual.
26 Außerdem ist zwischen uns und euch ein tiefer, unüberwindlicher Abgrund, sodass niemand von hier zu euch oder von dort zu uns kommen kann, selbst wenn er wollte.
27 Da sagte der Reiche: Dann bitte ich dich, Vater, schick ihn in das Haus meines Vaters!
28 Denn ich habe noch fünf Brüder. Er soll sie warnen, damit nicht auch sie an diesen Ort der Qual kommen.
29 Abraham aber sagte: Sie haben Mose und die Propheten, auf die sollen sie hören.
30 Er erwiderte: Nein, Vater Abraham, aber wenn einer von den Toten zu ihnen kommt, werden sie umkehren.
31 Darauf sagte Abraham zu ihm: Wenn sie auf Mose und die Propheten nicht hören, werden sie sich auch nicht überzeugen lassen, wenn einer von den Toten aufersteht.
17
Vom Zusammenleben im Glauben: 17,1–10
1 Er sagte zu seinen Jüngern: Es ist unvermeidlich, dass Ärgernisse kommen. Aber wehe dem, durch den sie kommen!
2 Es wäre besser für ihn, man würde ihn mit einem Mühlstein um den Hals ins Meer werfen, als dass er für einen von diesen Kleinen zum Ärgernis wird.
3 Seht euch vor! Wenn dein Bruder sündigt, weise ihn zurecht; und wenn er umkehrt, vergib ihm!
4 Und wenn er sich siebenmal am Tag gegen dich versündigt und siebenmal wieder zu dir kommt und sagt: Ich will umkehren!, so sollst du ihm vergeben.
5 Die Apostel baten den Herrn: Stärke unseren Glauben!
6 Der Herr erwiderte: Wenn ihr Glauben hättet wie ein Senfkorn, würdet ihr zu diesem Maulbeerbaum sagen: Entwurzle dich und verpflanz dich ins Meer! und er würde euch gehorchen.
7 Wenn einer von euch einen Knecht hat, der pflügt oder das Vieh hütet, wird er etwa zu ihm, wenn er vom Feld kommt, sagen: Komm gleich her und begib dich zu Tisch?
8 Wird er nicht vielmehr zu ihm sagen: Mach mir etwas zu essen, gürte dich und bediene mich, bis ich gegessen und getrunken habe; danach kannst auch du essen und trinken.
9 Bedankt er sich etwa bei dem Knecht, weil er getan hat, was ihm befohlen wurde?
10 So soll es auch bei euch sein: Wenn ihr alles getan habt, was euch befohlen wurde, sollt ihr sagen: Wir sind unnütze Knechte; wir haben nur unsere Schuldigkeit getan.
Der dankbare Samariter: 17,11–19
11 Und es geschah auf dem Weg nach Jerusalem: Jesus zog durch das Grenzgebiet von Samarien und Galiläa.
12 Als er in ein Dorf hineingehen wollte, kamen ihm zehn Aussätzige entgegen. Sie blieben in der Ferne stehen
13 und riefen: Jesus, Meister, hab Erbarmen mit uns!
14 Als er sie sah, sagte er zu ihnen: Geht, zeigt euch den Priestern! Und es geschah, während sie hingingen, wurden sie rein.
15 Einer von ihnen aber kehrte um, als er sah, dass er geheilt war; und er lobte Gott mit lauter Stimme.
16 Er warf sich vor den Füßen Jesu auf das Angesicht und dankte ihm. Dieser Mann war ein Samariter.
17 Da sagte Jesus: Sind nicht zehn rein geworden? Wo sind die neun?
18 Ist denn keiner umgekehrt, um Gott zu ehren, außer diesem Fremden?
19 Und er sagte zu ihm: Steh auf und geh! Dein Glaube hat dich gerettet.
Vom Kommen des Reiches Gottes: 17,20–21
20 Als Jesus von den Pharisäern gefragt wurde, wann das Reich Gottes komme, antwortete er: Das Reich Gottes kommt nicht so, dass man es beobachten könnte.
21 Man kann auch nicht sagen: Seht, hier ist es! oder: Dort ist es! Denn siehe, das Reich Gottes ist mitten unter euch.
Das Kommen des Menschensohnes: 17,22–37
22 Er sagte zu den Jüngern: Es werden Tage kommen, in denen ihr euch danach sehnt, auch nur einen von den Tagen des Menschensohnes zu sehen; doch ihr werdet ihn nicht sehen.
23 Und man wird zu euch sagen: Siehe, dort ist er! Siehe, hier ist er! Geht nicht hin und lauft nicht hinterher!
24 Denn wie der Blitz von einem Ende des Himmels bis zum andern leuchtet, so wird der Menschensohn an seinem Tag erscheinen.
25 Vorher aber muss er vieles erleiden und von dieser Generation verworfen werden.
26 Und wie es in den Tagen des Noach war, so wird es auch in den Tagen des Menschensohnes sein.
27 Die Menschen aßen und tranken und heirateten bis zu dem Tag, an dem Noach in die Arche ging; dann kam die Flut und vernichtete alle.
28 Und es wird ebenso sein, wie es in den Tagen des Lot war: Sie aßen und tranken, kauften und verkauften, pflanzten und bauten.
29 Aber an dem Tag, als Lot Sodom verließ, regnete es Feuer und Schwefel vom Himmel und vernichtete alle.
30 Ebenso wird es an dem Tag sein, an dem der Menschensohn offenbar werden wird.
31 Wer an jenem Tag auf dem Dach ist und seine Sachen im Haus hat, soll nicht hinabsteigen, um sie zu holen, und wer auf dem Feld ist, soll sich ebenfalls nicht zurückwenden.
32 Denkt an die Frau des Lot!
33 Wer sein Leben zu bewahren sucht, wird es verlieren; wer es dagegen verliert, wird es erhalten.
34 Ich sage euch: Von zwei Männern, die in dieser Nacht auf einem Bett liegen, wird der eine mitgenommen und der andere zurückgelassen.
35 Von zwei Frauen, die am selben Ort Getreide mahlen, wird die eine mitgenommen und die andere zurückgelassen.
36 [Einige spätere Textzeugen fügen hier ein: Von zwei Männern, die auf dem Feld arbeiten, wird einer mitgenommen und der andere wird zurückgelassen. Vgl. Mt 24,40.]
37 Und sie antworteten und sprachen: Wo wird das geschehen, Herr? Er antwortete: Wo ein Leichnam ist, da sammeln sich auch die Geier.
18
Das Gleichnis vom Richter und der Witwe: 18,1–8
1 Jesus sagte ihnen durch ein Gleichnis, dass sie allezeit beten und darin nicht nachlassen sollten:
2 In einer Stadt lebte ein Richter, der Gott nicht fürchtete und auf keinen Menschen Rücksicht nahm.
3 In der gleichen Stadt lebte auch eine Witwe, die immer wieder zu ihm kam und sagte: Verschaff mir Recht gegen meinen Widersacher!
4 Und er wollte lange Zeit nicht. Dann aber sagte er sich: Ich fürchte zwar Gott nicht und nehme auch auf keinen Menschen Rücksicht;
5 weil mich diese Witwe aber nicht in Ruhe lässt, will ich ihr Recht verschaffen. Sonst kommt sie am Ende noch und schlägt mich ins Gesicht.
6 Der Herr aber sprach: Hört, was der ungerechte Richter sagt!
7 Sollte Gott seinen Auserwählten, die Tag und Nacht zu ihm schreien, nicht zu ihrem Recht verhelfen, sondern bei ihnen zögern?
8 Ich sage euch: Er wird ihnen unverzüglich ihr Recht verschaffen. Wird jedoch der Menschensohn, wenn er kommt, den Glauben auf der Erde finden?
Das Gleichnis vom Pharisäer und vom Zöllner: 18,9–14
9 Einigen, die von ihrer eigenen Gerechtigkeit überzeugt waren und die anderen verachteten, erzählte Jesus dieses Gleichnis:
10 Zwei Männer gingen zum Tempel hinauf, um zu beten; der eine war ein Pharisäer, der andere ein Zöllner.
11 Der Pharisäer stellte sich hin und sprach bei sich dieses Gebet: Gott, ich danke dir, dass ich nicht wie die anderen Menschen bin, die Räuber, Betrüger, Ehebrecher oder auch wie dieser Zöllner dort.
12 Ich faste zweimal in der Woche und gebe den zehnten Teil meines ganzen Einkommens.
13 Der Zöllner aber blieb ganz hinten stehen und wollte nicht einmal seine Augen zum Himmel erheben, sondern schlug sich an die Brust und betete: Gott, sei mir Sünder gnädig!
14 Ich sage euch: Dieser ging gerechtfertigt nach Hause hinab, der andere nicht. Denn wer sich selbst erhöht, wird erniedrigt, wer sich aber selbst erniedrigt, wird erhöht werden.
Die Segnung der Kinder: 18,15–17
15 Man brachte auch kleine Kinder zu ihm, damit er sie berühre. Als die Jünger das sahen, wiesen sie die Leute zurecht.
16 Jesus aber rief die Kinder zu sich und sagte: Lasst die Kinder zu mir kommen und hindert sie nicht daran! Denn solchen wie ihnen gehört das Reich Gottes.
17 Amen, ich sage euch: Wer das Reich Gottes nicht so annimmt wie ein Kind, der wird nicht hineinkommen.
Reichtum und Nachfolge: 18,18–30
18 Einer von den führenden Männern fragte ihn: Guter Meister, was muss ich tun, um das ewige Leben zu erben?
19 Jesus antwortete ihm: Warum nennst du mich gut? Niemand ist gut außer der eine Gott.
20 Du kennst doch die Gebote: Du sollst nicht die Ehe brechen, du sollst nicht töten, du sollst nicht stehlen, du sollst nicht falsch aussagen; ehre deinen Vater und deine Mutter!
21 Er erwiderte: Alle diese Gebote habe ich von Jugend an befolgt.
22 Als Jesus das hörte, sagte er ihm: Eines fehlt dir noch: Verkauf alles, was du hast, und verteil es an die Armen und du wirst einen Schatz im Himmel haben; dann komm und folge mir nach!
23 Der Mann aber wurde sehr traurig, als er das hörte; denn er war überaus reich.
24 Jesus sah, dass er sehr traurig geworden war, und sagte: Wie schwer ist es für Menschen, die viel besitzen, in das Reich Gottes zu kommen!
25 Denn leichter geht ein Kamel durch ein Nadelöhr, als dass ein Reicher in das Reich Gottes gelangt.
26 Die Leute, die das hörten, fragten: Wer kann dann noch gerettet werden?
27 Er erwiderte: Was für Menschen unmöglich ist, ist für Gott möglich.
28 Da sagte Petrus: Siehe, was wir besaßen, haben wir verlassen und sind dir nachgefolgt.
29 Jesus antwortete ihnen: Amen, ich sage euch: Jeder, der um des Reiches Gottes willen Haus oder Frau, Brüder, Eltern oder Kinder verlassen hat,
30 erhält dafür schon in dieser Zeit das Vielfache und in der kommenden Welt das ewige Leben.
Die dritte Ankündigung von Leiden und Auferstehung Jesu: 18,31–34
31 Jesus versammelte die Zwölf um sich und sagte zu ihnen: Siehe, wir gehen nach Jerusalem hinauf; und es wird sich alles erfüllen, was bei den Propheten über den Menschensohn geschrieben steht.
32 Denn er wird den Heiden ausgeliefert, wird verspottet, misshandelt und angespuckt werden
33 und man wird ihn geißeln und töten und am dritten Tag wird er auferstehen.
34 Doch die Zwölf verstanden das alles nicht; der Sinn der Worte war ihnen verschlossen und sie begriffen nicht, was er sagte.
Die Heilung eines Blinden bei Jericho: 18,35–43
35 Es geschah aber: Jesus kam in die Nähe von Jericho, da saß ein Blinder an der Straße und bettelte.
36 Er hörte, dass viele Menschen vorbeigingen, und fragte: Was hat das zu bedeuten?
37 Man berichtete ihm: Jesus von Nazaret geht vorüber.
38 Da rief er: Jesus, Sohn Davids, hab Erbarmen mit mir!
39 Die Leute, die vorausgingen, befahlen ihm zu schweigen. Er aber schrie noch viel lauter: Sohn Davids, hab Erbarmen mit mir!
40 Jesus blieb stehen und ließ ihn zu sich herführen. Als der Mann vor ihm stand, fragte ihn Jesus:
41 Was willst du, dass ich dir tue? Er antwortete: Herr, ich möchte sehen können.
42 Da sagte Jesus zu ihm: Sei sehend! Dein Glaube hat dich gerettet.
43 Im selben Augenblick konnte er sehen. Da pries er Gott und folgte Jesus nach. Und das ganze Volk, das dies gesehen hatte, lobte Gott.
19
Der Zöllner Zachäus in Jericho: 19,1–10
1 Dann kam er nach Jericho und ging durch die Stadt.
2 Und siehe, da war ein Mann namens Zachäus; er war der oberste Zollpächter und war reich.
3 Er suchte Jesus, um zu sehen, wer er sei, doch er konnte es nicht wegen der Menschenmenge; denn er war klein von Gestalt.
4 Darum lief er voraus und stieg auf einen Maulbeerfeigenbaum, um Jesus zu sehen, der dort vorbeikommen musste.
5 Als Jesus an die Stelle kam, schaute er hinauf und sagte zu ihm: Zachäus, komm schnell herunter! Denn ich muss heute in deinem Haus bleiben.
6 Da stieg er schnell herunter und nahm Jesus freudig bei sich auf.
7 Und alle, die das sahen, empörten sich und sagten: Er ist bei einem Sünder eingekehrt.
8 Zachäus aber wandte sich an den Herrn und sagte: Siehe, Herr, die Hälfte meines Vermögens gebe ich den Armen, und wenn ich von jemandem zu viel gefordert habe, gebe ich ihm das Vierfache zurück.
9 Da sagte Jesus zu ihm: Heute ist diesem Haus Heil geschenkt worden, weil auch dieser Mann ein Sohn Abrahams ist.
10 Denn der Menschensohn ist gekommen, um zu suchen und zu retten, was verloren ist.
Das Gleichnis vom anvertrauten Geld: 19,11–27
11 Weil Jesus schon nahe bei Jerusalem war, meinten die Menschen, die von alldem hörten, das Reich Gottes werde sofort erscheinen. Daher erzählte er ihnen ein weiteres Gleichnis.
12 Er sagte: Ein Mann von vornehmer Herkunft wollte in ein fernes Land reisen, um die Königswürde für sich zu erlangen und dann zurückzukehren.
13 Er rief zehn seiner Diener zu sich, verteilte unter sie zehn Minen und sagte: Macht Geschäfte damit, bis ich wiederkomme!
14 Seine Bürger jedoch hassten ihn und schickten eine Gesandtschaft hinter ihm her und ließen sagen: Wir wollen nicht, dass dieser Mann über uns König wird.
15 Und es geschah, als er die Königswürde empfangen hatte und zurückkehrte, da ließ er die Diener, denen er das Geld gegeben hatte, zu sich rufen. Er wollte sehen, welchen Gewinn sie bei ihren Geschäften erzielt hatten.
16 Der erste kam und sagte: Herr, deine Mine hat zehn Minen eingebracht.
17 Da sagte der König zu ihm: Sehr gut, du bist ein guter Diener. Weil du im Kleinsten zuverlässig warst, sollst du Herr über zehn Städte werden.
18 Der zweite kam und sagte: Herr, deine Mine hat fünf Minen eingebracht.
19 Zu ihm sagte der König: Du sollst über fünf Städte herrschen.
20 Nun kam ein anderer und sagte: Herr, siehe deine Mine. Ich habe sie in einem Schweißtuch aufbewahrt;
21 denn ich hatte Angst vor dir, weil du ein strenger Mann bist: Du hebst ab, was du nicht eingezahlt hast, und erntest, was du nicht gesät hast.
22 Der König antwortete: Aus deinem eigenen Mund spreche ich dir das Urteil. Du bist ein schlechter Diener. Du hast gewusst, dass ich ein strenger Mann bin? Dass ich abhebe, was ich nicht eingezahlt habe, und ernte, was ich nicht gesät habe?
23 Warum hast du dann mein Geld nicht auf die Bank gebracht? Dann hätte ich es bei der Rückkehr mit Zinsen abheben können.
24 Und zu denen, die dabeistanden, sagte er: Nehmt ihm die Mine weg und gebt sie dem, der die zehn Minen hat!
25 Sie sagten zu ihm: Herr, er hat doch schon zehn.
26 Ich sage euch: Wer hat, dem wird gegeben werden; wer aber nicht hat, dem wird auch noch weggenommen, was er hat.
27 Doch meine Feinde, die nicht wollten, dass ich ihr König werde - bringt sie her und macht sie vor meinen Augen nieder!
Der Einzug in Jerusalem: 19,28–40
28 Nach dieser Rede zog Jesus voran und ging nach Jerusalem hinauf.
29 Und es geschah: Er kam in die Nähe von Betfage und Betanien, an den Berg, der Ölberg heißt, da schickte er zwei seiner Jünger aus
30 und sagte: Geht in das Dorf, das vor uns liegt! Wenn ihr hineinkommt, werdet ihr dort ein Fohlen angebunden finden, auf dem noch nie ein Mensch gesessen hat. Bindet es los und bringt es her!
31 Und wenn euch jemand fragt: Warum bindet ihr es los?, dann antwortet: Der Herr braucht es.
32 Die Ausgesandten machten sich auf den Weg und fanden alles so, wie er es ihnen gesagt hatte.
33 Als sie das Fohlen losbanden, sagten die Leute, denen es gehörte: Warum bindet ihr das Fohlen los?
34 Sie antworteten: Weil der Herr es braucht.
35 Dann führten sie es zu Jesus, legten ihre Kleider auf das Fohlen und halfen Jesus hinauf.
36 Während er dahinritt, breiteten die Jünger ihre Kleider auf dem Weg aus.
37 Als er sich schon dem Abhang des Ölbergs näherte, begann die Schar der Jünger freudig und mit lauter Stimme Gott zu loben wegen all der Machttaten, die sie gesehen hatten.
38 Sie riefen: Gesegnet sei der König, der kommt im Namen des Herrn. Im Himmel Friede und Ehre in der Höhe!
39 Da riefen ihm einige Pharisäer aus der Menge zu: Meister, weise deine Jünger zurecht!
40 Er erwiderte: Ich sage euch: Wenn sie schweigen, werden die Steine schreien.
Die Ankündigung der Zerstörung Jerusalems: 19,41–44
41 Als er näher kam und die Stadt sah, weinte er über sie
42 und sagte: Wenn doch auch du an diesem Tag erkannt hättest, was Frieden bringt. Jetzt aber ist es vor deinen Augen verborgen.
43 Denn es werden Tage über dich kommen, in denen deine Feinde rings um dich einen Wall aufwerfen, dich einschließen und von allen Seiten bedrängen.
44 Sie werden dich und deine Kinder zerschmettern und keinen Stein in dir auf dem andern lassen, weil du die Zeit deiner Heimsuchung nicht erkannt hast.
Die Reinigung des Tempels: 19,45–48
45 Dann ging er in den Tempel und begann, die Händler hinauszutreiben.
46 Er sagte zu ihnen: Es steht geschrieben: Mein Haus soll ein Haus des Gebetes sein. Ihr aber habt daraus eine Räuberhöhle gemacht.
47 Er lehrte täglich im Tempel. Die Hohepriester, die Schriftgelehrten und die Ersten im Volk aber suchten ihn umzubringen.
48 Sie wussten jedoch nicht, was sie machen sollten, denn das ganze Volk hing an ihm, um ihn zu hören.
20
Die Frage nach der Vollmacht Jesu: 20,1–8
1 Und es geschah: Eines Tages lehrte er im Tempel das Volk und verkündete das Evangelium, da kamen die Hohepriester und die Schriftgelehrten mit den Ältesten hinzu
2 und fragten ihn: Sag uns: In welcher Vollmacht tust du das? Wer hat dir diese Vollmacht gegeben?
3 Er antwortete ihnen: Auch ich will euch eine Frage stellen. Sagt mir:
4 Stammte die Taufe des Johannes vom Himmel oder von den Menschen?
5 Da überlegten sie und sagten zueinander: Wenn wir antworten: Vom Himmel!, so wird er sagen: Warum habt ihr ihm dann nicht geglaubt?
6 Wenn wir aber antworten: Von den Menschen!, dann wird das ganze Volk uns steinigen; denn sie sind überzeugt, dass Johannes ein Prophet ist.
7 Darum antworteten sie: Wir wissen nicht, woher.
8 Jesus erwiderte ihnen: Dann sage auch ich euch nicht, in welcher Vollmacht ich das tue.
Das Gleichnis von den Winzern: 20,9–19
9 Er erzählte dem Volk dieses Gleichnis: Ein Mann legte einen Weinberg an, verpachtete ihn an Winzer und reiste für längere Zeit in ein anderes Land.
10 Als nun die Zeit dafür gekommen war, schickte er einen Knecht zu den Winzern, damit sie ihm seinen Anteil an der Frucht des Weinbergs geben sollten. Die Winzer aber prügelten ihn und jagten ihn mit leeren Händen fort.
11 Darauf schickte er einen anderen Knecht; auch ihn prügelten und entehrten sie und jagten ihn mit leeren Händen fort.
12 Er schickte noch einen dritten Knecht; aber auch ihn schlugen sie blutig und warfen ihn hinaus.
13 Da sagte der Herr des Weinbergs: Was soll ich tun? Ich will meinen geliebten Sohn schicken. Vielleicht werden sie vor ihm Achtung haben.
14 Als die Winzer den Sohn sahen, überlegten sie und sagten zueinander: Das ist der Erbe; wir wollen ihn umbringen, damit das Erbe uns gehört.
15 Und sie warfen ihn aus dem Weinberg hinaus und brachten ihn um. Was wird nun der Herr des Weinbergs mit ihnen tun?
16 Er wird kommen und diese Winzer vernichten und den Weinberg anderen geben. Als sie das hörten, sagten sie: Das darf nicht geschehen!
17 Da sah Jesus sie an und sagte: Was bedeutet dieses Schriftwort: Der Stein, den die Bauleute verworfen haben, / er ist zum Eckstein geworden?
18 Jeder, der auf diesen Stein fällt, wird zerschellen; auf wen der Stein aber fällt, den wird er zermalmen.
19 Die Schriftgelehrten und die Hohepriester hätten gern noch in derselben Stunde Hand an ihn gelegt; aber sie fürchteten das Volk. Denn sie hatten gemerkt, dass er sie mit diesem Gleichnis meinte.
Die Frage nach der kaiserlichen Steuer: 20,20–26
20 Daher lauerten sie ihm auf und schickten Spitzel, die so tun sollten, als wären sie selbst gerecht, um ihn bei einer Äußerung zu ertappen. Denn sie wollten ihn der Gerichtsbarkeit des Statthalters übergeben.
21 Und sie fragten ihn: Meister, wir wissen, dass du aufrichtig redest und lehrst und nicht auf die Person siehst, sondern wahrhaftig den Weg Gottes lehrst.
22 Ist es uns erlaubt, dem Kaiser Steuer zu zahlen, oder nicht?
23 Er aber durchschaute ihre Hinterlist und sagte zu ihnen:
24 Zeigt mir einen Denar! Wessen Bild und Aufschrift sind darauf? Sie antworteten: Die des Kaisers.
25 Da sagte er zu ihnen: Dann gebt dem Kaiser, was dem Kaiser gehört, und Gott, was Gott gehört!
26 So gelang es ihnen nicht, ihn bei einer Äußerung vor dem Volk zu ertappen. Sie waren über seine Antwort verwundert und schwiegen.
Die Frage nach der Auferstehung der Toten: 20,27–40
27 Von den Sadduzäern, die bestreiten, dass es eine Auferstehung gibt, kamen einige zu Jesus und fragten ihn:
28 Meister, Mose hat uns vorgeschrieben: Wenn ein Mann, der einen Bruder hat, stirbt und eine Frau hinterlässt, ohne Kinder zu haben, dann soll sein Bruder die Frau nehmen und seinem Bruder Nachkommen verschaffen.
29 Nun lebten einmal sieben Brüder. Der erste nahm sich eine Frau, starb aber kinderlos.
30 Da nahm sie der zweite,
31 danach der dritte und ebenso die anderen bis zum siebten; sie alle hinterließen keine Kinder, als sie starben.
32 Schließlich starb auch die Frau.
33 Wessen Frau wird sie nun bei der Auferstehung sein? Alle sieben haben sie doch zur Frau gehabt.
34 Da sagte Jesus zu ihnen: Die Kinder dieser Welt heiraten und lassen sich heiraten.
35 Die aber, die gewürdigt werden, an jener Welt und an der Auferstehung von den Toten teilzuhaben, heiraten nicht, noch lassen sie sich heiraten.
36 Denn sie können auch nicht mehr sterben, weil sie den Engeln gleich und als Kinder der Auferstehung zu Kindern Gottes geworden sind.
37 Dass aber die Toten auferstehen, hat schon Mose in der Geschichte vom Dornbusch angedeutet, in der er den Herrn den Gott Abrahams, den Gott Isaaks und den Gott Jakobs nennt.
38 Er ist doch kein Gott von Toten, sondern von Lebenden; denn für ihn leben sie alle.
39 Da sagten einige Schriftgelehrte: Meister, du hast gut geantwortet.
40 Und man wagte nicht mehr, ihn etwas zu fragen.
Die Frage nach dem Davidssohn: 20,41–44
41 Da fragte er sie: Wie kann man behaupten, der Christus sei der Sohn Davids?
42 Denn David selbst sagt im Buch der Psalmen: Der Herr sprach zu meinem Herrn: Setze dich mir zur Rechten,
43 bis ich dir deine Feinde als Schemel unter die Füße lege!
44 David nennt ihn also Herr. Wie kann er dann sein Sohn sein?
Warnung vor den Schriftgelehrten: 20,45–47
45 Jesus sagte vor dem ganzen Volk zu seinen Jüngern:
46 Hütet euch vor den Schriftgelehrten! Sie gehen gern in langen Gewändern umher und lieben es, wenn man sie auf den Marktplätzen grüßt und wenn sie die Ehrensitze in den Synagogen und die Ehrenplätze bei den Festmählern einnehmen.
47 Sie fressen die Häuser der Witwen auf und verrichten in ihrer Scheinheiligkeit lange Gebete. Umso härter wird das Urteil sein, das sie erwartet.
21
Das Opfer der Witwe: 21,1–4
1 Er blickte auf und sah, wie die Reichen ihre Gaben in den Opferkasten legten.
2 Er sah aber auch eine arme Witwe, die dort zwei kleine Münzen hineinwarf.
3 Da sagte er: Wahrhaftig, ich sage euch: Diese arme Witwe hat mehr hineingeworfen als alle anderen.
4 Denn sie alle haben nur etwas von ihrem Überfluss hineingeworfen; diese Frau aber, der es am Nötigsten mangelt, hat ihren ganzen Lebensunterhalt hergegeben.
Die Ankündigung der Zerstörung des Tempels: 21,5–6
5 Als einige darüber sprachen, dass der Tempel mit schön bearbeiteten Steinen und Weihegeschenken geschmückt sei, sagte Jesus:
6 Es werden Tage kommen, an denen von allem, was ihr hier seht, kein Stein auf dem andern bleibt, der nicht niedergerissen wird.
Der Anfang der endzeitlichen Not: 21,7–19
7 Sie fragten ihn: Meister, wann wird das geschehen und was ist das Zeichen, dass dies geschehen soll?
8 Er antwortete: Gebt Acht, dass man euch nicht irreführt! Denn viele werden unter meinem Namen auftreten und sagen: Ich bin es! und: Die Zeit ist da. - Lauft ihnen nicht nach!
9 Wenn ihr von Kriegen und Unruhen hört, lasst euch nicht erschrecken! Denn das muss als Erstes geschehen; aber das Ende kommt noch nicht sofort.
10 Dann sagte er zu ihnen: Volk wird sich gegen Volk und Reich gegen Reich erheben.
11 Es wird gewaltige Erdbeben und an vielen Orten Seuchen und Hungersnöte geben; schreckliche Dinge werden geschehen und am Himmel wird man gewaltige Zeichen sehen.
12 Aber bevor das alles geschieht, wird man Hand an euch legen und euch verfolgen. Man wird euch den Synagogen und den Gefängnissen ausliefern, vor Könige und Statthalter bringen um meines Namens willen.
13 Dann werdet ihr Zeugnis ablegen können.
14 Nehmt euch also zu Herzen, nicht schon im Voraus für eure Verteidigung zu sorgen;
15 denn ich werde euch die Worte und die Weisheit eingeben, sodass alle eure Gegner nicht dagegen ankommen und nichts dagegen sagen können.
16 Sogar eure Eltern und Geschwister, eure Verwandten und Freunde werden euch ausliefern und manche von euch wird man töten.
17 Und ihr werdet um meines Namens willen von allen gehasst werden.
18 Und doch wird euch kein Haar gekrümmt werden.
19 Wenn ihr standhaft bleibt, werdet ihr das Leben gewinnen.
Vom Gericht über Jerusalem: 21,20–24
20 Wenn ihr aber seht, dass Jerusalem von Heeren eingeschlossen wird, dann erkennt ihr, dass seine Verwüstung bevorsteht.
21 Dann sollen die Bewohner von Judäa in die Berge fliehen; wer in der Stadt ist, soll sie verlassen, und wer auf dem Land ist, soll nicht in die Stadt gehen.
22 Denn das sind die Tage der Vergeltung, damit alles in Erfüllung geht, was geschrieben steht.
23 Wehe den Frauen, die in jenen Tagen schwanger sind oder ein Kind stillen! Denn große Bedrängnis wird über das Land hereinbrechen und Zorn über dieses Volk.
24 Mit scharfem Schwert wird man sie erschlagen, als Gefangene wird man sie zu allen Völkern schleppen und Jerusalem wird von den Völkern zertreten werden, bis die Zeiten der Völker sich erfüllen.
Das Kommen des Menschensohnes: 21,25–28
25 Es werden Zeichen sichtbar werden an Sonne, Mond und Sternen und auf der Erde werden die Völker bestürzt und ratlos sein über das Toben und Donnern des Meeres.
26 Die Menschen werden vor Angst vergehen in der Erwartung der Dinge, die über den Erdkreis kommen; denn die Kräfte des Himmels werden erschüttert werden.
27 Dann wird man den Menschensohn in einer Wolke kommen sehen, mit großer Kraft und Herrlichkeit.
28 Wenn dies beginnt, dann richtet euch auf und erhebt eure Häupter; denn eure Erlösung ist nahe.
Mahnungen im Hinblick auf das Ende: 21,29–36
29 Und er sagte ihnen ein Gleichnis: Seht euch den Feigenbaum und die anderen Bäume an:
30 Sobald ihr merkt, dass sie Blätter treiben, erkennt ihr, dass der Sommer nahe ist.
31 So erkennt auch ihr, wenn ihr das geschehen seht, dass das Reich Gottes nahe ist.
32 Amen, ich sage euch: Diese Generation wird nicht vergehen, bis alles geschieht.
33 Himmel und Erde werden vergehen, aber meine Worte werden nicht vergehen.
34 Nehmt euch in Acht, dass Rausch und Trunkenheit und die Sorgen des Alltags euer Herz nicht beschweren und dass jener Tag euch nicht plötzlich überrascht
35 wie eine Falle; denn er wird über alle Bewohner der ganzen Erde hereinbrechen.
36 Wacht und betet allezeit, damit ihr allem, was geschehen wird, entrinnen und vor den Menschensohn hintreten könnt!
Die Lehre im Tempel: 21,37–38
37 Die Tage über lehrte Jesus im Tempel; die Nächte aber verbrachte er draußen bei dem Berg, der Ölberg heißt.
38 Schon früh am Morgen kam das ganze Volk zu ihm in den Tempel, um ihn zu hören.
22
Die Vereinbarung zwischen Judas und den Gegnern Jesu: 22,1–6
1 Das Fest der Ungesäuerten Brote, das Pascha genannt wird, war nahe.
2 Und die Hohepriester und die Schriftgelehrten suchten nach einer Möglichkeit, Jesus zu beseitigen; denn sie fürchteten sich vor dem Volk.
3 Da fuhr der Satan in Judas, genannt Iskariot, der zu den Zwölf gehörte.
4 Judas ging zu den Hohepriestern und den Hauptleuten und beriet mit ihnen, wie er Jesus an sie ausliefern könnte.
5 Da freuten sie sich und kamen mit ihm überein, ihm Geld zu geben.
6 Er sagte zu und suchte nach einer günstigen Gelegenheit, ihn an sie auszuliefern, ohne dass das Volk es merkte.
Die Vorbereitung des Paschamahls: 22,7–13
7 Dann kam der Tag der Ungesäuerten Brote, an dem das Paschalamm geschlachtet werden musste.
8 Jesus sandte Petrus und Johannes aus und sagte: Geht und bereitet das Paschamahl für uns vor, damit wir es essen können!
9 Sie fragten ihn: Wo sollen wir es vorbereiten?
10 Er antwortete ihnen: Siehe, wenn ihr in die Stadt kommt, wird euch ein Mann begegnen, der einen Wasserkrug trägt. Folgt ihm in das Haus, in das er hineingeht,
11 und sagt zu dem Herrn des Hauses: Der Meister lässt dich fragen: Wo ist der Raum, in dem ich mit meinen Jüngern das Paschalamm essen kann?
12 Und der Hausherr wird euch einen großen Raum im Obergeschoss zeigen, der mit Polstern ausgestattet ist. Dort bereitet es vor!
13 Sie gingen und fanden alles so, wie er es ihnen gesagt hatte, und bereiteten das Paschamahl vor.
Das Mahl: 22,14–23
14 Als die Stunde gekommen war, legte er sich mit den Aposteln zu Tisch.
15 Und er sagte zu ihnen: Mit großer Sehnsucht habe ich danach verlangt, vor meinem Leiden dieses Paschamahl mit euch zu essen.
16 Denn ich sage euch: Ich werde es nicht mehr essen, bis es seine Erfüllung findet im Reich Gottes.
17 Und er nahm einen Kelch, sprach das Dankgebet und sagte: Nehmt diesen und teilt ihn untereinander!
18 Denn ich sage euch: Von nun an werde ich nicht mehr von der Frucht des Weinstocks trinken, bis das Reich Gottes kommt.
19 Und er nahm Brot, sprach das Dankgebet, brach es und reichte es ihnen mit den Worten: Das ist mein Leib, der für euch hingegeben wird. Tut dies zu meinem Gedächtnis!
20 Ebenso nahm er nach dem Mahl den Kelch und sagte: Dieser Kelch ist der Neue Bund in meinem Blut, das für euch vergossen wird.
21 Doch siehe, die Hand dessen, der mich ausliefert, ist mit mir am Tisch.
22 Der Menschensohn muss zwar den Weg gehen, der ihm bestimmt ist. Aber weh dem Menschen, durch den er ausgeliefert wird!
23 Da fragte einer den andern, wer von ihnen das wohl sei, der dies tun werde.
Vom Dienen und Herrschen: 22,24–30
24 Es entstand unter ihnen ein Streit darüber, wer von ihnen wohl der Größte sei.
25 Da sagte Jesus zu ihnen: Die Könige herrschen über ihre Völker und die Vollmacht über sie haben, lassen sich Wohltäter nennen.
26 Bei euch aber soll es nicht so sein, sondern der Größte unter euch soll werden wie der Jüngste und der Führende soll werden wie der Dienende.
27 Denn wer ist größer: Der bei Tisch sitzt oder der bedient? Ist es nicht der, der bei Tisch sitzt? Ich aber bin unter euch wie der, der bedient.
28 Ihr aber habt in meinen Prüfungen bei mir ausgeharrt.
29 Darum vermache ich euch das Reich, wie es mein Vater mir vermacht hat:
30 Ihr sollt in meinem Reich an meinem Tisch essen und trinken und ihr sollt auf Thronen sitzen und die zwölf Stämme Israels richten.
Die Ankündigung der Verleugnung: 22,31–34
31 Simon, Simon, siehe, der Satan hat verlangt, dass er euch wie Weizen sieben darf.
32 Ich aber habe für dich gebetet, dass dein Glaube nicht erlischt. Und wenn du wieder umgekehrt bist, dann stärke deine Brüder!
33 Darauf sagte Petrus zu ihm: Herr, ich bin bereit, mit dir sogar ins Gefängnis und in den Tod zu gehen.
34 Jesus aber sagte: Ich sage dir, Petrus, ehe heute der Hahn kräht, wirst du dreimal leugnen, mich zu kennen.
Die Stunde der Not: 22,35–38
35 Dann sagte Jesus zu ihnen: Als ich euch ohne Geldbeutel aussandte, ohne Vorratstasche und ohne Schuhe, habt ihr da etwa Not gelitten? Sie antworteten: Nein.
36 Da sagte er zu ihnen: Jetzt aber soll der, der einen Geldbeutel hat, ihn mitnehmen und ebenso die Tasche. Wer dies nicht hat, soll seinen Mantel verkaufen und sich ein Schwert kaufen.
37 Denn ich sage euch: An mir muss sich erfüllen, was geschrieben steht: Er wurde zu den Gesetzlosen gerechnet. Denn alles, was über mich gesagt ist, geht in Erfüllung.
38 Da sagten sie: Herr, siehe, hier sind zwei Schwerter. Er erwiderte: Genug davon!
Das Gebet in Getsemani: 22,39–46
39 Dann verließ Jesus die Stadt und ging, wie er es gewohnt war, zum Ölberg; seine Jünger folgten ihm.
40 Als er dort war, sagte er zu ihnen: Betet, dass ihr nicht in Versuchung geratet!
41 Dann entfernte er sich von ihnen ungefähr einen Steinwurf weit, kniete nieder und betete:
42 Vater, wenn du willst, nimm diesen Kelch von mir! Aber nicht mein, sondern dein Wille soll geschehen.
43 Da erschien ihm ein Engel vom Himmel und stärkte ihn.
44 Und er betete in seiner Angst noch inständiger und sein Schweiß war wie Blut, das auf die Erde tropfte.
45 Nach dem Gebet stand er auf, ging zu den Jüngern zurück und fand sie schlafend; denn sie waren vor Kummer erschöpft.
46 Da sagte er zu ihnen: Wie könnt ihr schlafen? Steht auf und betet, damit ihr nicht in Versuchung geratet!
Die Gefangennahme Jesu und die Verleugnung des Petrus: 22,47–65
47 Noch während er redete, siehe, da kam eine Schar Männer; und der Judas hieß, einer der Zwölf, ging ihnen voran. Er näherte sich Jesus, um ihn zu küssen.
48 Jesus aber sagte zu ihm: Judas, mit einem Kuss lieferst du den Menschensohn aus?
49 Als seine Begleiter merkten, was bevorstand, fragten sie: Herr, sollen wir mit dem Schwert dreinschlagen?
50 Und einer von ihnen schlug auf den Diener des Hohepriesters ein und hieb ihm das rechte Ohr ab.
51 Da sagte Jesus: Lasst es! Nicht weiter! Und er berührte das Ohr und heilte den Mann.
52 Zu den Hohepriestern aber, den Hauptleuten der Tempelwache und den Ältesten, die vor ihm standen, sagte Jesus: Wie gegen einen Räuber seid ihr mit Schwertern und Knüppeln ausgezogen.
53 Tag für Tag war ich bei euch im Tempel und ihr habt nicht Hand an mich gelegt. Aber das ist eure Stunde und die Macht der Finsternis.
54 Darauf nahmen sie ihn fest, führten ihn ab und brachten ihn in das Haus des Hohepriesters. Petrus folgte von Weitem.
55 Mitten im Hof hatte man ein Feuer angezündet und Petrus setzte sich zu den Leuten, die dort beieinandersaßen.
56 Eine Magd sah ihn am Feuer sitzen, schaute ihn genau an und sagte: Der war auch mit ihm zusammen.
57 Petrus aber leugnete es und sagte: Frau, ich kenne ihn nicht.
58 Kurz danach sah ihn ein anderer und bemerkte: Du gehörst auch zu ihnen. Petrus aber sagte: Nein, Mensch, ich nicht!
59 Etwa eine Stunde später behauptete wieder einer: Wahrhaftig, der war auch mit ihm zusammen; er ist doch auch ein Galiläer.
60 Petrus aber erwiderte: Mensch, ich weiß nicht, wovon du sprichst. Im gleichen Augenblick, noch während er redete, krähte ein Hahn.
61 Da wandte sich der Herr um und blickte Petrus an. Und Petrus erinnerte sich an das Wort, das der Herr zu ihm gesagt hatte: Ehe heute der Hahn kräht, wirst du mich dreimal verleugnen.
62 Und er ging hinaus und weinte bitterlich.
63 Die Männer, die Jesus bewachten, trieben ihren Spott mit ihm. Sie schlugen ihn,
64 verhüllten ihm das Gesicht und fragten ihn: Du bist doch ein Prophet, sag uns: Wer hat dich geschlagen?
65 Und noch viele andere Lästerungen stießen sie gegen ihn aus.
Jesus vor dem Hohen Rat: 22,66–71
66 Als es Tag wurde, versammelte sich der Ältestenrat des Volkes, die Hohepriester und die Schriftgelehrten und sie ließen Jesus vor ihren Hohen Rat führen.
67 Sie sagten zu ihm: Wenn du der Christus bist, dann sag es uns! Er antwortete ihnen: Wenn ich es euch sage, glaubt ihr mir ja doch nicht;
68 und wenn ich euch etwas frage, antwortet ihr nicht.
69 Von nun an wird der Menschensohn zur Rechten der Macht Gottes sitzen.
70 Da sagten alle: Du bist also der Sohn Gottes? Er antwortete ihnen: Ihr sagt es - ich bin es.
71 Da riefen sie: Wozu brauchen wir noch eine Zeugenaussage? Wir haben es selbst aus seinem Mund gehört.
23
Jesus vor Pilatus und Herodes: 23,1–25
1 Daraufhin erhob sich die ganze Versammlung und man führte Jesus zu Pilatus.
2 Dort brachten sie ihre Anklage gegen ihn vor; sie sagten: Wir haben festgestellt, dass dieser Mensch unser Volk verführt, es davon abhält, dem Kaiser Steuer zu zahlen, und behauptet, er sei der Christus und König.
3 Pilatus fragte ihn: Bist du der König der Juden? Er antwortete ihm: Du sagst es.
4 Da sagte Pilatus zu den Hohepriestern und zur Volksmenge: Ich finde keine Schuld an diesem Menschen.
5 Sie aber blieben hartnäckig und sagten: Er wiegelt das Volk auf; er verbreitet seine Lehre im ganzen jüdischen Land, angefangen von Galiläa bis hierher.
6 Als Pilatus das hörte, fragte er, ob der Mann ein Galiläer sei.
7 Und als er erfuhr, dass Jesus aus dem Herrschaftsgebiet des Herodes komme, ließ er ihn zu Herodes bringen, der in jenen Tagen ebenfalls in Jerusalem war.
8 Herodes freute sich sehr, als er Jesus sah; schon lange hatte er sich gewünscht, ihn zu sehen, denn er hatte von ihm gehört. Nun hoffte er, ein von ihm gewirktes Zeichen zu sehen.
9 Er stellte ihm viele Fragen, doch Jesus gab ihm keine Antwort.
10 Die Hohepriester und die Schriftgelehrten, die dabeistanden, erhoben schwere Beschuldigungen gegen ihn.
11 Herodes und seine Soldaten zeigten ihm offen ihre Verachtung. Er trieb seinen Spott mit Jesus, ließ ihm ein Prunkgewand umhängen und schickte ihn so zu Pilatus zurück.
12 An diesem Tag wurden Herodes und Pilatus Freunde; vorher waren sie Feinde gewesen.
13 Pilatus rief die Hohepriester und die anderen führenden Männer und das Volk zusammen
14 und sagte zu ihnen: Ihr habt mir diesen Menschen hergebracht und behauptet, er wiegle das Volk auf. Und siehe, ich selbst habe ihn in eurer Gegenwart verhört und habe an diesem Menschen die Schuld, wegen der ihr ihn anklagt, nicht gefunden,
15 auch Herodes nicht, denn er hat ihn zu uns zurückgeschickt. Ihr seht also: Er hat nichts getan, worauf die Todesstrafe steht.
16 Daher will ich ihn auspeitschen lassen und dann freilassen.
17 [Einige spätere Textzeugen fügen hier ein: Er musste ihnen aber zum Fest einen (Gefangenen) freilassen. Vgl. Mt 27,15; Mk 15,6; Joh 18,39.]
18 Da schrien sie alle miteinander: Weg mit ihm; lass den Barabbas frei!
19 Dieser Mann war wegen eines Aufruhrs in der Stadt und wegen Mordes ins Gefängnis geworfen worden.
20 Pilatus aber redete wieder auf sie ein, denn er wollte Jesus freilassen.
21 Doch sie schrien: Kreuzige ihn, kreuzige ihn!
22 Zum dritten Mal sagte er zu ihnen: Was für ein Verbrechen hat er denn begangen? Ich habe nichts feststellen können, wofür er den Tod verdient. Daher will ich ihn auspeitschen lassen und dann werde ich ihn freilassen.
23 Sie aber schrien und forderten immer lauter, er solle Jesus kreuzigen lassen, und mit ihrem Geschrei setzten sie sich durch:
24 Da entschied Pilatus, dass ihre Forderung erfüllt werden solle.
25 Er ließ den Mann frei, der wegen Aufruhrs und Mordes im Gefängnis saß und den sie gefordert hatten. Jesus aber lieferte er ihrem Willen aus.
Kreuzweg und Kreuzigung: 23,26–43
26 Als sie Jesus hinausführten, ergriffen sie Simon, einen Mann aus Kyrene, der gerade vom Feld kam. Ihm luden sie das Kreuz auf, damit er es hinter Jesus hertrage.
27 Es folgte ihm eine große Menge des Volkes, darunter auch Frauen, die um ihn klagten und weinten.
28 Jesus wandte sich zu ihnen um und sagte: Töchter Jerusalems, weint nicht über mich; weint vielmehr über euch und eure Kinder!
29 Denn siehe, es kommen Tage, da wird man sagen: Selig die Frauen, die unfruchtbar sind, die nicht geboren und nicht gestillt haben.
30 Dann wird man zu den Bergen sagen: Fallt auf uns! und zu den Hügeln: Deckt uns zu!
31 Denn wenn das mit dem grünen Holz geschieht, was wird dann erst mit dem dürren werden?
32 Zusammen mit Jesus wurden auch zwei Verbrecher zur Hinrichtung geführt.
33 Sie kamen an den Ort, der Schädelhöhe heißt; dort kreuzigten sie ihn und die Verbrecher, den einen rechts von ihm, den andern links.
34 Jesus aber betete: Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun! Um seine Kleider zu verteilen, warfen sie das Los.
35 Das Volk stand dabei und schaute zu; auch die führenden Männer verlachten ihn und sagten: Andere hat er gerettet, nun soll er sich selbst retten, wenn er der Christus Gottes ist, der Erwählte.
36 Auch die Soldaten verspotteten ihn; sie traten vor ihn hin, reichten ihm Essig
37 und sagten: Wenn du der König der Juden bist, dann rette dich selbst!
38 Über ihm war eine Aufschrift angebracht: Das ist der König der Juden.
39 Einer der Verbrecher, die neben ihm hingen, verhöhnte ihn: Bist du denn nicht der Christus? Dann rette dich selbst und auch uns!
40 Der andere aber wies ihn zurecht und sagte: Nicht einmal du fürchtest Gott? Dich hat doch das gleiche Urteil getroffen.
41 Uns geschieht recht, wir erhalten den Lohn für unsere Taten; dieser aber hat nichts Unrechtes getan.
42 Dann sagte er: Jesus, denk an mich, wenn du in dein Reich kommst!
43 Jesus antwortete ihm: Amen, ich sage dir: Heute noch wirst du mit mir im Paradies sein.
Der Tod Jesu: 23,44–49
44 Es war schon um die sechste Stunde, als eine Finsternis über das ganze Land hereinbrach - bis zur neunten Stunde.
45 Die Sonne verdunkelte sich. Der Vorhang im Tempel riss mitten entzwei.
46 Und Jesus rief mit lauter Stimme: Vater, in deine Hände lege ich meinen Geist. Mit diesen Worten hauchte er den Geist aus.
47 Als der Hauptmann sah, was geschehen war, pries er Gott und sagte: Wirklich, dieser Mensch war ein Gerechter.
48 Und alle, die zu diesem Schauspiel herbeigeströmt waren und sahen, was sich ereignet hatte, schlugen sich an die Brust und gingen weg.
49 Alle seine Bekannten aber standen in einiger Entfernung, auch die Frauen, die ihm von Galiläa aus nachgefolgt waren und die dies mit ansahen.
Das Begräbnis Jesu: 23,50–56
50 Und siehe, da war ein Mann mit Namen Josef, ein Mitglied des Hohen Rats und ein guter und gerechter Mensch.
51 Dieser hatte ihrem Beschluss und Vorgehen nicht zugestimmt. Er war aus Arimathäa, einer jüdischen Stadt, und wartete auf das Reich Gottes.
52 Er ging zu Pilatus und bat um den Leichnam Jesu.
53 Und er nahm ihn vom Kreuz, hüllte ihn in ein Leinentuch und legte ihn in ein Felsengrab, in dem noch niemand bestattet worden war.
54 Das war am Rüsttag, kurz bevor der Sabbat anbrach.
55 Die Frauen in seiner Nachfolge, die mit Jesus aus Galiläa gekommen waren, sahen das Grab und wie der Leichnam bestattet wurde.
56 Dann kehrten sie heim und bereiteten wohlriechende Salben und Öle zu. Am Sabbat aber hielten sie die vom Gebot vorgeschriebene Ruhe ein.
24
Die Frauen und Petrus am leeren Grab: 24,1–12
1 Am ersten Tag der Woche gingen die Frauen mit den wohlriechenden Salben, die sie zubereitet hatten, in aller Frühe zum Grab.
2 Da sahen sie, dass der Stein vom Grab weggewälzt war;
3 sie gingen hinein, aber den Leichnam Jesu, des Herrn, fanden sie nicht.
4 Und es geschah, während sie darüber ratlos waren, siehe, da traten zwei Männer in leuchtenden Gewändern zu ihnen.
5 Die Frauen erschraken und blickten zu Boden. Die Männer aber sagten zu ihnen: Was sucht ihr den Lebenden bei den Toten?
6 Er ist nicht hier, sondern er ist auferstanden. Erinnert euch an das, was er euch gesagt hat, als er noch in Galiläa war:
7 Der Menschensohn muss in die Hände sündiger Menschen ausgeliefert und gekreuzigt werden und am dritten Tag auferstehen.
8 Da erinnerten sie sich an seine Worte.
9 Und sie kehrten vom Grab zurück und berichteten das alles den Elf und allen Übrigen.
10 Es waren Maria von Magdala, Johanna und Maria, die Mutter des Jakobus, und die übrigen Frauen mit ihnen. Sie erzählten es den Aposteln.
11 Doch die Apostel hielten diese Reden für Geschwätz und glaubten ihnen nicht.
12 Petrus aber stand auf und lief zum Grab. Er beugte sich vor, sah aber nur die Leinenbinden. Dann ging er nach Hause, voll Verwunderung über das, was geschehen war.
Die Erscheinung Jesu auf dem Weg nach Emmaus: 24,13–35
13 Und siehe, am gleichen Tag waren zwei von den Jüngern auf dem Weg in ein Dorf namens Emmaus, das sechzig Stadien von Jerusalem entfernt ist.
14 Sie sprachen miteinander über all das, was sich ereignet hatte.
15 Und es geschah, während sie redeten und ihre Gedanken austauschten, kam Jesus selbst hinzu und ging mit ihnen.
16 Doch ihre Augen waren gehalten, sodass sie ihn nicht erkannten.
17 Er fragte sie: Was sind das für Dinge, über die ihr auf eurem Weg miteinander redet? Da blieben sie traurig stehen
18 und der eine von ihnen - er hieß Kleopas - antwortete ihm: Bist du so fremd in Jerusalem, dass du als Einziger nicht weißt, was in diesen Tagen dort geschehen ist?
19 Er fragte sie: Was denn? Sie antworteten ihm: Das mit Jesus aus Nazaret. Er war ein Prophet, mächtig in Tat und Wort vor Gott und dem ganzen Volk.
20 Doch unsere Hohepriester und Führer haben ihn zum Tod verurteilen und ans Kreuz schlagen lassen.
21 Wir aber hatten gehofft, dass er der sei, der Israel erlösen werde. Und dazu ist heute schon der dritte Tag, seitdem das alles geschehen ist.
22 Doch auch einige Frauen aus unserem Kreis haben uns in große Aufregung versetzt. Sie waren in der Frühe beim Grab,
23 fanden aber seinen Leichnam nicht. Als sie zurückkamen, erzählten sie, es seien ihnen Engel erschienen und hätten gesagt, er lebe.
24 Einige von uns gingen dann zum Grab und fanden alles so, wie die Frauen gesagt hatten; ihn selbst aber sahen sie nicht.
25 Da sagte er zu ihnen: Ihr Unverständigen, deren Herz zu träge ist, um alles zu glauben, was die Propheten gesagt haben.
26 Musste nicht der Christus das erleiden und so in seine Herrlichkeit gelangen?
27 Und er legte ihnen dar, ausgehend von Mose und allen Propheten, was in der gesamten Schrift über ihn geschrieben steht.
28 So erreichten sie das Dorf, zu dem sie unterwegs waren. Jesus tat, als wolle er weitergehen,
29 aber sie drängten ihn und sagten: Bleibe bei uns; denn es wird Abend, der Tag hat sich schon geneigt! Da ging er mit hinein, um bei ihnen zu bleiben.
30 Und es geschah, als er mit ihnen bei Tisch war, nahm er das Brot, sprach den Lobpreis, brach es und gab es ihnen.
31 Da wurden ihre Augen aufgetan und sie erkannten ihn; und er entschwand ihren Blicken.
32 Und sie sagten zueinander: Brannte nicht unser Herz in uns, als er unterwegs mit uns redete und uns den Sinn der Schriften eröffnete?
33 Noch in derselben Stunde brachen sie auf und kehrten nach Jerusalem zurück und sie fanden die Elf und die mit ihnen versammelt waren.
34 Diese sagten: Der Herr ist wirklich auferstanden und ist dem Simon erschienen.
35 Da erzählten auch sie, was sie unterwegs erlebt und wie sie ihn erkannt hatten, als er das Brot brach.
Die Erscheinung Jesu in Jerusalem: 24,36–49
36 Während sie noch darüber redeten, trat er selbst in ihre Mitte und sagte zu ihnen: Friede sei mit euch!
37 Sie erschraken und hatten große Angst, denn sie meinten, einen Geist zu sehen.
38 Da sagte er zu ihnen: Was seid ihr so bestürzt? Warum lasst ihr in eurem Herzen Zweifel aufkommen?
39 Seht meine Hände und meine Füße an: Ich bin es selbst. Fasst mich doch an und begreift: Kein Geist hat Fleisch und Knochen, wie ihr es bei mir seht.
40 Bei diesen Worten zeigte er ihnen seine Hände und Füße.
41 Als sie es aber vor Freude immer noch nicht glauben konnten und sich verwunderten, sagte er zu ihnen: Habt ihr etwas zu essen hier?
42 Sie gaben ihm ein Stück gebratenen Fisch;
43 er nahm es und aß es vor ihren Augen.
44 Dann sagte er zu ihnen: Das sind meine Worte, die ich zu euch gesprochen habe, als ich noch bei euch war: Alles muss in Erfüllung gehen, was im Gesetz des Mose, bei den Propheten und in den Psalmen über mich geschrieben steht.
45 Darauf öffnete er ihren Sinn für das Verständnis der Schriften.
46 Er sagte zu ihnen: So steht es geschrieben: Der Christus wird leiden und am dritten Tag von den Toten auferstehen
47 und in seinem Namen wird man allen Völkern Umkehr verkünden, damit ihre Sünden vergeben werden. Angefangen in Jerusalem,
48 seid ihr Zeugen dafür.
49 Und siehe, ich werde die Verheißung meines Vaters auf euch herabsenden. Ihr aber bleibt in der Stadt, bis ihr mit der Kraft aus der Höhe erfüllt werdet!
Die Entrückung Jesu in den Himmel: 24,50–53
50 Dann führte er sie hinaus in die Nähe von Betanien. Dort erhob er seine Hände und segnete sie.
51 Und es geschah, während er sie segnete, verließ er sie und wurde zum Himmel emporgehoben.
52 Sie aber fielen vor ihm nieder. Dann kehrten sie in großer Freude nach Jerusalem zurück.
53 Und sie waren immer im Tempel und priesen Gott.