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Buchüberschrift: 1,1
1 Das ist der Wortlaut des Buches, den Baruch, der Sohn Nerijas, des Sohnes Machsejas, des Sohnes Zidkijas, des Sohnes Hasadjas, des Sohnes Hilkijas, in Babel aufgeschrieben hat.
Bußgottesdienst in der Verbannung: 1,2–9
2 Es war im fünften Jahr, am siebten Tag des Monats, zur selben Zeit, als die Chaldäer Jerusalem eingenommen und in Brand gesteckt hatten.
3 Baruch verlas den Wortlaut dieses Buches in die Ohren König Jojachins von Juda, des Sohnes Jojakims, und in die Ohren des ganzen Volkes, das zusammengekommen war, um die Schrift zu hören.
4 Er las in die Ohren der königlichen Beamten und Prinzen, in die Ohren der Ältesten und des ganzen Volkes, vom Kleinsten bis zum Größten, aller, die in Babel am Fluss Sud angesiedelt waren.
5 Da weinten, fasteten und flehten sie vor dem Herrn.
6 Dann legten sie Geld zusammen, so viel ein jeder vermochte,
7 und sandten es nach Jerusalem an den Priester Jojakim, den Sohn Hilkijas, des Sohnes Schallums, an die Priester und an das ganze Volk, das sich mit ihm in Jerusalem befand.
8 Zur selben Zeit, am zehnten Siwan, hatte er die Geräte des Hauses des Herrn, die aus dem Tempel verschleppt worden waren, geholt, um sie in das Land Juda zurückzubringen. Es waren jene silbernen Geräte, die König Zidkija von Juda, der Sohn Joschijas, hatte anfertigen lassen,
9 nachdem Nebukadnezzar, der König von Babel, Jojachin aus Jerusalem verschleppt und nach Babel gebracht hatte, samt den Beamten, den Gefangenen, der Oberschicht und dem Volk des Landes.
Liturgie in Jerusalem: 1,10–14
10 Die Spender sagten: Hier senden wir euch Geld. Kauft dafür Brandopfer, Sündopfer und Weihrauch und bereitet Speiseopfer; bringt sie dar auf dem Altar des Herrn, unseres Gottes,
11 und betet für das Leben des Königs Nebukadnezzar von Babel und für das Leben seines Sohnes Belschazzar, dass ihre Tage so zahlreich seien wie die Tage des Himmels über der Erde!
12 Uns aber verleihe der Herr Kraft und lasse unsere Augen leuchten. So werden wir leben unter dem Schutz des Königs Nebukadnezzar von Babel und unter dem Schutz seines Sohnes Belschazzar, wir werden ihnen lange Zeit dienen und Gunst vor ihnen finden.
13 Betet auch für uns zum Herrn, unserem Gott; denn wir haben gesündigt gegen den Herrn, unseren Gott, und bis heute haben sich der Grimm und Zorn des Herrn noch nicht von uns abgewendet.
14 Lest dann dieses Buch vor, das wir euch senden; es soll am Tag des Festes, und zwar an den Versammlungstagen, im Haus des Herrn vorgetragen werden!
Schuldbekenntnis und Rechtfertigung Gottes: 1,15–2,10
15 Sprecht: Der Herr, unser Gott, ist im Recht; uns aber treibt es bis heute die Schamröte ins Gesicht, den Leuten von Juda und den Bewohnern Jerusalems,
16 unseren Königen und Beamten, unseren Priestern und Propheten und unseren Vorfahren;
17 denn wir haben gegen den Herrn gesündigt
18 und ihm nicht gehorcht. Wir haben auf die Stimme des Herrn, unseres Gottes, nicht gehört und die Gebote nicht befolgt, die der Herr uns vorgelegt hat.
19 Von dem Tag an, als der Herr unsere Vorfahren aus Ägypten herausführte, bis auf den heutigen Tag waren wir ungehorsam gegen den Herrn, unseren Gott. Wir hörten sehr bald nicht mehr auf seine Stimme.
20 So hefteten sich an uns das Unheil und der Fluch, den der Herr durch seinen Diener Mose androhen ließ am Tag, als er unsere Vorfahren aus Ägypten herausführte, um uns ein Land zu geben, in dem Milch und Honig fließen, und so ist es noch heute.
21 Wir haben nicht auf die Stimme des Herrn, unseres Gottes, gehört und auf alle Reden der Propheten, die er zu uns gesandt hat.
22 Jeder von uns folgte der Neigung seines bösen Herzens; wir dienten anderen Göttern und taten, was böse ist in den Augen des Herrn, unseres Gottes.
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1 So hat denn der Herr sein Wort in Kraft gesetzt, das er über uns gesprochen hat, über unsere Richter, die in Israel Recht sprachen, über unsere Könige und Beamten und über die Leute von Israel und Juda.
2 Unter dem ganzen Himmel ist noch nie so etwas geschehen, wie der Herr es jetzt in Jerusalem geschehen ließ, ganz wie es im Gesetz des Mose geschrieben steht:
3 dass der eine von uns das Fleisch des eigenen Sohnes, der andere das Fleisch der eigenen Tochter essen werde.
4 Der Herr übergab sie allen Königreichen rings um uns und machte sie zum Gespött und zum Fluch bei allen Völkern im Umkreis, unter die er sie zerstreute.
5 Sie wurden niedergedrückt und kamen nicht hoch; denn wir haben gegen den Herrn, unseren Gott, gesündigt und nicht auf seine Stimme gehört.
6 Der Herr, unser Gott, ist im Recht; uns aber und unseren Vorfahren treibt es bis heute die Schamröte ins Gesicht.
7 Alles Unheil, das der Herr uns angedroht hat, ist über uns gekommen.
8 Wir haben den Herrn nicht dadurch besänftigt, dass jeder sich von den Wünschen seines bösen Herzens abgewandt hätte.
9 Der Herr aber wachte und brachte das Unheil über uns; denn der Herr ist gerecht in all seinen Fügungen, die er über uns verhängt hat.
10 Wir aber hörten nicht auf seine Stimme und befolgten nicht die Gebote, die der Herr uns vorgelegt hat.
Erinnerung an Gottes Barmherzigkeit: 2,11–35
11 Nun aber, Herr, Gott Israels! Du hast dein Volk aus Ägypten herausgeführt mit starker Hand, mit Zeichen und Wundern, mit großer Macht und erhobenem Arm und hast dir einen Namen gemacht bis auf den heutigen Tag.
12 Herr, unser Gott, wir haben gesündigt, gefrevelt, Unrecht getan trotz all deiner Satzungen.
13 Nun wende sich dein Grimm von uns. Denn nur wenige von uns sind noch übrig unter den Völkern, wohin du uns zerstreut hast.
14 Erhöre, Herr, unser Gebet und unsere Bitte! Rette uns um deinetwillen! Lass uns Gnade finden bei denen, die uns aus der Heimat weggeführt haben!
15 So soll die ganze Welt erkennen, dass du der Herr, unser Gott, bist. Dein Name ist ja über Israel und seinem Stamm ausgerufen.
16 Herr, schau herab von deiner heiligen Wohnung und achte auf uns! Neige, Herr, dein Ohr und höre!
17 Öffne deine Augen und schau! Denn nicht die Toten in der Unterwelt, aus deren Leib der Atem weggenommen ist, preisen die Ehre und Gerechtigkeit des Herrn,
18 sondern die Menschen, das über die Maßen mit Kummer beladene Menschenwesen, das gebeugt und kraftlos einhergeht, die verlöschenden Augen, die hungernde Kehle, sie preisen deine Ehre und Gerechtigkeit, Herr.
19 Denn nicht im Vertrauen auf die gerechten Taten unserer Vorfahren und unserer Könige tragen wir dir unsere Bitte um Erbarmen vor, Herr, unser Gott.
20 Du hast ja deinen Grimm und Zorn gegen uns gerichtet, wie du durch deine Diener, die Propheten, gesprochen hast:
21 So spricht der Herr: Beugt euren Nacken und seid dem König von Babel untertan und bleibt in dem Land, das ich euren Vorfahren gegeben habe!
22 Hört ihr aber nicht auf die Weisung des Herrn, dem König von Babel untertan zu sein,
23 dann lasse ich in den Städten Judas und außerhalb von Jerusalem Jubelruf und Freudenruf verstummen, den Ruf des Bräutigams und den Ruf der Braut, und das ganze Land wird zur menschenleeren Wüste werden.
24 Doch wir hörten nicht auf deine Weisung, dem König von Babel untertan zu sein. Da hast du deine Worte in Kraft gesetzt, die du durch deine Diener, die Propheten, gesprochen hast, dass man die Gebeine unserer Könige und die Gebeine unserer Vorfahren aus ihrer Grabstätte holen werde.
25 Und wirklich wurden sie herausgeworfen und liegen in der Hitze des Tages und in der Kälte der Nacht. Auch waren sie unter schrecklichen Qualen umgekommen durch Hunger, Schwert und Ausweisung.
26 Wegen der Verruchtheit des Hauses Israel und des Hauses Juda hast du das Haus, über dem dein Name ausgerufen ist, zu dem gemacht, was es heute ist.
27 Doch hast du, Herr, unser Gott, an uns nach deiner ganzen Güte gehandelt und nach all deinem großen Erbarmen,
28 so wie du durch deinen Diener Mose gesprochen hast an dem Tag, als du ihm auftrugst, deine Weisung für die Israeliten aufzuzeichnen:
29 Hört ihr nicht auf meine Stimme, dann wird diese unzählbar große Volksmenge zu einer kleinen Minderheit werden unter den Völkern, wohin ich sie zerstreue.
30 Denn ich weiß, dass sie nicht auf mich hören werden; sie sind ja ein halsstarriges Volk. Doch im Land ihrer Verbannung werden sie es sich zu Herzen nehmen.
31 Sie werden erkennen, dass ich der Herr, ihr Gott, bin. Dann gebe ich ihnen ein verständiges Herz und Ohren, die hören.
32 Im Land ihrer Verbannung werden sie mich preisen und meines Namens gedenken.
33 Sie werden sich abwenden von ihrer Hartnäckigkeit und von ihren bösen Taten; denn sie werden sich erinnern, wie es ihren Vorfahren erging, die gegen den Herrn gesündigt haben.
34 Dann werde ich sie in das Land zurückführen, das ich ihren Vätern Abraham, Isaak und Jakob unter Eid versprochen habe, und sie werden seine Besitzer sein. Ich mache sie zahlreich und sie werden nie mehr vermindert.
35 Dann schließe ich mit ihnen einen ewigen Bund: Ich will ihr Gott sein und sie sollen mein Volk sein; und nie wieder werde ich mein Volk Israel aus dem Land verstoßen, das ich ihnen gegeben habe.
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Bittgebet: 3,1–8
1 Herr, Allmächtiger, Gott Israels! Eine Seele in Ängsten, ein Geist voll Kummer schreit zu dir.
2 Höre, Herr, erbarme dich, da wir gegen dich gesündigt haben!
3 Du thronst auf ewig; uns aber droht Vernichtung auf ewig.
4 Herr, Allmächtiger, Gott Israels! Höre doch das Flehen der Todgeweihten Israels, der Nachkommen derer, die gegen dich gesündigt und auf die Stimme des Herrn, ihres Gottes, nicht gehört haben; so hat sich das Unheil an uns geheftet.
5 Gedenke nicht mehr der schlechten Taten unserer Vorfahren, sondern gedenke jetzt deiner starken Hand und deines Namens!
6 Du bist ja der Herr, unser Gott, und wir wollen dich preisen, Herr.
7 Denn dazu hast du uns die Furcht vor dir ins Herz gelegt, dass wir deinen Namen anrufen. Auch in unserer Verbannung wollen wir dich preisen. Wir haben aus unserm Herzen alle Bosheit unserer Vorfahren entfernt, die gegen dich gesündigt haben.
8 Siehe, wir sind noch heute in unserer Verbannung, in die du uns versprengt hast, zum Schimpf, zum Fluchwort und zur Verwünschung, entsprechend allen schlechten Taten unserer Vorfahren, die abtrünnig wurden vom Herrn, unserem Gott.
Rückkehr zur Weisheit und zum Leben: 3,9–14
9 Höre, Israel, die Gebote des Lebens; / merkt auf, um Einsicht zu erlangen!
10 Warum, Israel, warum lebst du im Gebiet der Feinde, / wirst alt in einem fremden Land,
11 bist unrein geworden, den Toten gleich, / wurdest gezählt zu denen, die in die Unterwelt hinabsteigen?
12 Du hast den Quell der Weisheit verlassen.
13 Wärest du auf Gottes Weg gegangen, / du wohntest in Frieden für immer.
14 Nun lerne, wo die Einsicht ist, / wo Kraft und wo Klugheit, dann erkennst du zugleich, wo langes Leben und Lebensglück, / wo Licht für die Augen und Frieden zu finden sind!
Die verborgene Weisheit: 3,15–28
15 Wer hat je ihren Ort gefunden? / Wer ist zu ihren Schatzkammern vorgedrungen?
16 Wo sind die Gebieter der Völker? / Sie herrschten sogar über die Tiere der Erde
17 und spielten mit den Vögeln des Himmels; / sie häuften Silber und Gold, worauf die Menschen vertrauen,/ und ihr Besitz hatte keine Grenzen.
18 Wo sind sie, die das Silber so kunstvoll schmiedeten, / dass ihre Werke unbegreiflich sind?
19 Verschwunden sind sie, / hinabgestiegen zur Unterwelt; / andere traten an ihre Stelle.
20 Andere erblickten nach ihnen das Licht / und wohnten auf der Erde; / doch auch sie haben den Weg der Erkenntnis nicht erkannt,
21 ihre Pfade nicht verstanden / und ihre Spur nicht aufgenommen. / Auch ihre Nachkommen blieben ihrem Weg fern.
22 Nicht hörte man sie in Kanaan, / nicht erschien sie in Teman.
23 Auch die Nachkommen der Hagar, / die überall auf der Erde nach Einsicht suchen, die Kaufleute von Merran und Teman, / die Geschichtenerzähler und die Forscher nach Einsicht,
24 Israel, wie groß ist das Haus Gottes, / wie weit das Gebiet seiner Herrschaft!
25 Unendlich groß / und unermesslich hoch.
26 Dort wurden die Riesen geboren, / die berühmten Männer der Urzeit, hoch an Wuchs / und Meister im Kampf.
27 Und doch hat Gott nicht diese erwählt, / nicht ihnen den Weg der Erkenntnis gezeigt.
28 Sie gingen zugrunde, weil sie ohne Einsicht waren; / ihrer Torheit wegen gingen sie unter.
Die Weisheit bei Gott, bei den Menschen und in Israel: 3,29–4,4
29 Wer stieg zum Himmel hinauf, holte die Weisheit / und brachte sie aus den Wolken herab?
30 Wer fuhr über das Meer und entdeckte sie / und brachte sie her gegen lauteres Gold?
31 Keiner weiß ihren Weg, / niemand kennt ihren Pfad.
32 Doch der Allwissende kennt sie; / er hat sie in seiner Einsicht entdeckt. Er hat ja die Erde für immer gegründet, / er hat sie mit vierfüßigen Tieren bevölkert.
33 Er entsendet das Licht und es eilt dahin; / er ruft es zurück und zitternd gehorcht es ihm.
34 Froh leuchten die Sterne auf ihren Posten.
35 Ruft er sie, so antworten sie: Hier sind wir. / Sie leuchten mit Freude für ihren Schöpfer.
36 Das ist unser Gott; / kein anderer gilt neben ihm.
37 Er hat den Weg der Erkenntnis ganz erkundet / und hat sie Jakob, seinem Diener, verliehen, / Israel, seinem Liebling.
38 Dann erschien sie auf der Erde / und lebte mit den Menschen.
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JERUSALEM, MUTTER ISRAELS: 4,5–5,9
1 Sie ist das Buch der Gebote Gottes, / das Gesetz, das ewig besteht. Alle, die an ihr festhalten, finden das Leben; / doch alle, die sie verlassen, verfallen dem Tod.
2 Kehr um, Jakob, ergreif sie! / Geh in ihrem Glanz den Weg zum Licht!
3 Überlass deinen Ruhm keinem andern / und deinen Vorzug keinem fremden Volk!
4 Glücklich sind wir, das Volk Israel; / denn wir wissen, was Gott gefällt.
Rückblick und Zuspruch: 4,5–8
5 Hab Vertrauen, mein Volk, du trägst den Namen Israel.
6 Ihr wurdet verkauft an die Völker, doch nicht zur Vernichtung. Weil ihr Gott erzürnt habt, wurdet ihr den Feinden preisgegeben.
7 Denn ihr habt euren Schöpfer zum Zorn gereizt, da ihr den Dämonen und nicht Gott Opfer darbrachtet.
8 Euren Ernährer habt ihr vergessen, den ewigen Gott. Ihr habt auch Jerusalem betrübt, die euch aufzog.
Jerusalems Klage und Hoffnung: 4,9–29
9 Denn sie hat mit angesehen, wie Gottes Zorn über euch hereinbrach; da sprach sie: Hört, ihr Nachbarinnen Zions! Gott hat große Trauer über mich gebracht.
10 Denn ich musste sehen, dass meine Söhne und Töchter verschleppt wurden, wie es der Ewige über sie verhängt hat.
11 Mit Freude habe ich sie großgezogen, / mit Weinen und Trauerklage musste ich sie ziehen lassen.
12 Keiner juble, dass ich Witwe bin und von so vielen verlassen; / der Sünden meiner Kinder wegen bin ich vereinsamt, / denn sie sind abgewichen vom Gesetz Gottes.
13 Seine Satzungen haben sie nicht anerkannt. / Sie gingen nicht die Wege der Gottesgebote. / Die Pfade der Erziehung in Gerechtigkeit beschritten sie nicht.
14 Kommt, ihr Nachbarstädte Zions! Bedenkt die Gefangenschaft, die der Ewige über meine Söhne und Töchter verhängt hat!
15 Denn er ließ ein Volk von weit her über sie kommen, / ein rohes Volk mit fremder Sprache; es hatte keine Scheu vor Greisen, / kein Mitleid mit Kindern.
16 Es führte die Lieblinge der Witwe weg, / raubte der Vereinsamten die Töchter.
17 Ich aber, wie könnte ich euch helfen?
18 Nur er, der das Unheil über euch brachte, kann euch der Hand eurer Feinde entreißen.
19 Geht fort, meine Kinder, geht fort! Ich bleibe ja einsam zurück.
20 Abgelegt habe ich das Gewand des Friedens, angezogen das Bußkleid meines Flehens. Zum Ewigen will ich rufen, solange ich lebe.
21 Habt Vertrauen, meine Kinder, schreit zu Gott! Er wird euch der Gewalt entreißen, den Händen der Feinde.
22 Denn ich erhoffe vom Ewigen eure Rettung; schon wurde mir vom Heiligen Freude zuteil wegen der Erbarmung, die bald zu euch kommt vom Ewigen, eurem Retter.
23 In Trauer und in Tränen ließ ich euch ziehen, doch wird mir Gott euch wiederschenken zur Freude und zum Jubel für immer.
24 Wie jetzt die Nachbarstädte Zions eure Gefangenschaft vor Augen haben, so werden sie bald die Rettung sehen, die von eurem Gott kommt; mit großer Herrlichkeit kommt sie zu euch und mit dem Glanz des Ewigen.
25 Meine Kinder, ertragt geduldig den Zorn, der von Gott her über euch kam! Der Feind hat dich verfolgt, bald aber wirst du seinen Untergang sehen und den Fuß auf seinen Nacken setzen.
26 Meine zarten Kinder mussten auf rauen Wegen ziehen. Sie wurden fortgeschleppt wie eine Herde, von Feinden geraubt.
27 Habt Vertrauen, meine Kinder, schreit zu Gott! Denn er, der es verhängt hat, wird wieder an euch denken.
28 Wie euer Sinn auf den Abfall von Gott gerichtet war, so zeigt nun zehnfachen Eifer, umzukehren und ihn zu suchen!
29 Er, der über euch das Unheil gebracht hat, wird mit eurer Rettung euch ewige Freude bringen.
Ermutigung und Trost: 4,30–5,9
30 Hab Vertrauen, Jerusalem! Der dir den Namen gab, er wird dich trösten.
31 Unglück über jene, die dir Böses taten und über deinen Sturz sich freuten!
32 Unglück über die Städte, zu deren Sklaven deine Kinder wurden! Unglück über jene Stadt, die deine Nachkommen als Sklaven aufgenommen hat!
33 Wie sie sich freute über deinen Sturz, frohlockte über deinen Fall, so wird sie ihre eigene Verwüstung betrauern müssen.
34 Ich nehme ihr den Jubel der Volksmenge; / ihr Prahlen wandelt sich in Trauerklage.
35 Denn Feuer vom Ewigen wird über sie kommen für viele Tage / und Dämonen werden dort hausen für lange Zeit.
36 Blick nach Osten, Jerusalem! Schau die Freude, die von Gott zu dir kommt.
37 Siehe, deine Nachkommen, die du einst fortziehen ließest, kehren zurück; sie kommen, vom Aufgang der Sonne bis zum Untergang, gesammelt durch das Wort des Heiligen; sie freuen sich über die Herrlichkeit Gottes.
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DER BRIEF DES JEREMIA: 6,1–72
Ein Wort aus Jerusalem an die Verbannten: Abschrift eines Briefes, den Jeremia an jene gesandt hat, die vom König der Babylonier als Gefangene nach Babel weggeführt werden sollten; darin teilte er ihnen mit, was Gott ihm aufgetragen hatte.
1 Leg ab, Jerusalem, das Kleid deiner Trauer und deines Elends und bekleide dich mit dem Schmuck der Herrlichkeit, die Gott dir für immer verleiht!
2 Leg den Mantel der göttlichen Gerechtigkeit an; setz dir die Krone der Herrlichkeit des Ewigen aufs Haupt!
3 Denn Gott will deinen Glanz dem ganzen Erdkreis unter dem Himmel zeigen.
4 Gott gibt dir für immer den Namen: Friede der Gerechtigkeit und Herrlichkeit der Gottesfurcht.
5 Steh auf, Jerusalem, und steig auf die Höhe! Schau nach Osten und sieh deine Kinder: Vom Untergang der Sonne bis zum Aufgang hat das Wort des Heiligen sie gesammelt. Sie freuen sich, dass Gott an sie gedacht hat.
6 Denn zu Fuß zogen sie fort von dir, / weggetrieben von Feinden; Gott aber bringt sie heim zu dir, / ehrenvoll getragen wie in einer königlichen Sänfte.
7 Denn Gott hat befohlen: Senken sollen sich alle hohen Berge und die ewigen Hügel und heben sollen sich die Täler zu ebenem Land, sodass Israel unter der Herrlichkeit Gottes sicher dahinziehen kann.
8 Wälder und duftende Bäume aller Art spenden Israel Schatten auf Gottes Geheiß.
9 Denn Gott führt Israel heim in Freude, im Licht seiner Herrlichkeit; Erbarmen und Gerechtigkeit kommen von ihm.
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Versuchung zum Bilderkult: 6,1–6
1 Wegen der Sünden, die ihr gegen Gott begangen habt, werdet ihr von Nebukadnezzar, dem König der Babylonier, als Gefangene nach Babel geführt.
2 Seid ihr dann nach Babel gekommen, so müsst ihr dort viele Jahre bleiben, für lange Zeit, bis zu sieben Generationen; danach führe ich euch von dort in Frieden wieder heraus.
3 Nun werdet ihr in Babel Götter aus Silber, Gold und Holz sehen, die man auf den Schultern trägt und die den Völkern Furcht einflößen.
4 Hütet euch dann, euch den Fremden anzugleichen und euch von Furcht vor diesen Göttern erfassen zu lassen,
5 wenn ihr seht, wie die Menge sich vor und hinter ihnen niederwirft; sprecht vielmehr in Gedanken: Dir gebührt Anbetung, Herr!
6 Denn mein Engel ist bei euch; er wird über euer Leben wachen.
Trügerischer Glanz: 6,7–14
7 Ein Handwerker hat ihnen eine glatte Zunge angefertigt; sie selbst wurden mit Gold und Silber überzogen; doch sind sie Trug und können nicht reden.
8 Wie für ein Mädchen, das Schmuck liebt, nimmt man Gold und fertigt Kronen für die Häupter ihrer Götter.
9 Manchmal nehmen aber die Priester Gold und Silber heimlich von ihren Göttern weg und verwenden es für sich selber; sie geben davon auch den Huren in der Kammer.
10 Man schmückt sie auch, die Götter aus Silber, Gold und Holz, mit Gewändern wie Menschen. Diese Götter werden aber nicht vor Rost und Fraß gerettet.
11 Sie sind in Purpurgewänder gehüllt und doch muss man ihnen den Staub aus dem Gesicht wischen, der im Tempel aufwirbelt und sich dick auf sie legt.
12 Sogar ein Zepter trägt ein solcher Gott, wie jemand, der das Land regiert, doch niemand töten kann, der sich gegen ihn verfehlt.
13 Er hat in der Rechten einen Dolch oder eine Streitaxt, kann aber nicht einmal sich selbst vor Krieg oder Räubern retten.
14 So zeigen sie deutlich, dass sie keine Götter sind. Fürchtet sie also nicht!
Leblose und nutzlose Götterbilder: 6,15–22
15 Wie eines Menschen Gefäß, das zerbricht, unbrauchbar wird, so geht es auch mit ihren Göttern, die in ihren Tempeln aufgestellt sind:
16 Ihre Augen sind voll vom Staub, den die Füße der Besucher hineintragen.
17 Und wie die Höfe rings verschlossen sind, sobald jemand, der sich am König vergangen hat, zur Hinrichtung abgeführt werden soll, so sichern die Priester deren Tempel mit Türen, Riegeln und Querbalken, damit sie nicht von Räubern geplündert werden.
18 Die Priester zünden Lichter an, mehr sogar als für sich selbst, doch die Götter können keines davon sehen.
19 Es geht ihnen wie einem Balken am Tempel: Ihr Inneres wird, wie man sagt, zerfressen. Sie aber bemerken nicht die Würmer, die aus der Erde kommen und sie selbst samt ihren Gewändern aufzehren.
20 Ihre Gesichter sind geschwärzt vom Rauch, der im Tempel aufsteigt.
21 Auf ihrem Körper und auf ihrem Kopf lassen sich Fledermäuse, Schwalben und andere Vögel nieder, ebenso auch Katzen.
22 Daran erkennt ihr, dass sie keine Götter sind. Fürchtet diese da also nicht!
Götterbilder, in den Schmutz gezogen: 6,23–28
23 Sie sind mit Gold überzogen, damit sie schön aussehen; wenn aber niemand den Schmutz wegputzt, glänzen sie ganz und gar nicht. Nicht einmal, als sie gegossen wurden, spürten sie es.
24 Jeden Preis zahlte man für sie, obwohl sie keinen Lebensatem besitzen.
25 Da sie ihre Füße nicht gebrauchen können, werden sie auf den Schultern getragen und zeigen so den Menschen ihren eigenen Unwert. Sie beschämen auch ihre Diener; denn ein solcher Gott muss von ihnen aufgestellt werden, damit er nicht zu Boden fällt.
26 Stellt man ihn aufrecht hin, so kann er sich selbst nicht bewegen; steht er schief, kann er sich nicht aufrichten. Vielmehr setzt man ihnen die Gaben vor wie den Toten.
27 Aus ihren Opfern aber ziehen die Priester Nutzen, indem sie sie verkaufen. Nicht besser handeln ihre Frauen: Sie pökeln davon ein, aber einem Armen oder Schwachen geben sie nichts. Sogar Frauen mit Monatsblutungen und Wöchnerinnen berühren ihre Opfer.
28 Daran erkennt ihr, dass sie keine Götter sind. Fürchtet sie also nicht!
Unwürdige Kulte und ohnmächtige Bilder: 6,29–39
29 Wie könnte man sie Götter nennen, da doch sogar Frauen ihnen Gaben vorsetzen, diesen Göttern aus Silber, Gold und Holz?
30 In ihren Tempeln fahren die Priester den Prozessionswagen, das Gewand zerrissen, Kopf und Bart geschoren und das Haupt entblößt.
31 Sie heulen und schreien vor ihren Göttern wie andere beim Totenmahl.
32 Von ihren Gewändern nehmen die Priester und kleiden damit ihre Frauen und Kinder.
33 Ob jemand diesen Göttern Böses oder Gutes antut, sie sind nicht imstande, es zu vergelten. Einen König können sie weder einsetzen noch absetzen.
34 Ebenso wenig können sie Reichtum oder auch nur Geld verschaffen. Hat ihnen jemand ein Gelübde gemacht, erfüllt es aber nicht, so können sie keine Rechenschaft fordern.
35 Sie können keinen Menschen vom Tod erretten noch einen Schwachen dem Starken entreißen.
36 Einen Blinden können sie nicht sehend machen, einen Bedrängten nicht befreien.
37 Mit der Witwe haben sie kein Mitleid, dem Waisenkind helfen sie nicht.
38 Den Steinen aus den Bergen gleichen die hölzernen, mit Gold und Silber überzogenen Götter. Wer diese da verehrt, wird beschämt.
39 Wie kann einer da glauben oder behaupten, sie seien Götter?
Selbstbetrug im Kult der Götter: 6,40–44
40 Ihrer Ehre schaden die Chaldäer sogar selbst. Sehen sie nämlich einen Stummen, der nicht sprechen kann, so bringen sie ihn zu Bel und bitten, dass er die Sprache erhalte, als ob Bel ihn auch nur wahrnehmen könnte.
41 Und obwohl sie das wissen, bringen sie es doch nicht über sich, diese Götter da zu verlassen; sie haben ja keinen Verstand.
42 Die Frauen aber sitzen, mit Schnüren umwunden, an den Wegen und lassen Kleie in Rauch aufgehen.
43 Sobald nun eine von ihnen von einem Vorübergehenden mitgeschleppt worden ist und bei ihm gelegen hat, schmäht sie ihre Nachbarin, weil diese nicht gleich ihr für würdig befunden und ihre Schnur noch nicht zerrissen wurde.
44 Was immer bei diesen Göttern geschieht, ist Trug. Wie kann einer da glauben oder behaupten, dass diese da Götter seien?
Nichts als Werke von Menschenhand:6,45–51
45 Von Handwerkern und Goldschmieden sind sie verfertigt. Sie werden nichts anderes, als was sie nach dem Willen der Künstler werden sollten.
46 Die sie machen, erreichen selbst kein hohes Alter; wie sollten da ihre Machwerke Götter sein?
47 Nein, nur Trug und Schande hinterlassen sie ihren Nachkommen.
48 Nähern sich nämlich Krieg und Unheil diesen Göttern da, dann beraten die Priester miteinander, wo sie sich mit ihnen verstecken können.
49 Wie sollte man da nicht merken, dass sie keine Götter sind, da sie sich selbst weder vor Krieg noch vor Unheil retten können?
50 Sie sind ja nur hölzerne, mit Gold und Silber überzogene Gebilde; man wird nach alldem erkennen, dass sie Trug sind. Allen Völkern und Königen wird es dann offenbar, dass jene keine Götter sind, sondern Werke von Menschenhand und dass ihnen keine göttliche Wirkkraft innewohnt.
51 Wer sieht da nicht, dass sie keine Götter sind?
Macht- und schutzlose Götterbilder: 6,52–58
52 Sie können weder einen König im Land einsetzen noch den Menschen Regen spenden.
53 Sie halten nicht Gericht bei ihnen und befreien keinen, dem Unrecht geschah; denn sie sind machtlos wie die Krähen zwischen Himmel und Erde.
54 Ergreift gar Feuer den Tempel der hölzernen, mit Gold und Silber überzogenen Götter, dann fliehen zwar ihre Priester und retten sich, sie selbst aber verbrennen darin wie die Balken.
55 Keinem König und keinem Feind bieten sie Widerstand.
56 Wie kann einer da annehmen oder glauben, dass sie Götter sind?
57 Weder vor Dieben noch vor Räubern können sie sich retten, diese hölzernen, mit Silber und Gold überzogenen Götter. Jene sind stärker und nehmen ihnen das Gold und Silber ringsum ab, samt den Gewändern, die ihnen umgelegt sind, und machen sich damit fort, ohne dass die Götter auch nur sich selber helfen könnten.
58 Besser ist darum ein König, der seine Mannhaftigkeit zeigt, besser ein nützliches Hausgerät, das der Besitzer brauchen kann, als solche trügerischen Götter; besser im Haus eine Tür, die das, was drinnen ist, schützt, als solche trügerischen Götter; besser im Königspalast eine hölzerne Säule als solche trügerischen Götter.
Himmlischen Kräften unterlegen: 6,59–64
59 Sonne, Mond und Sterne, die bestellt sind, um als Leuchten zu nützen, gehorchen willig.
60 Ebenso ist auch der Blitz, wenn er aufleuchtet, schön anzusehen. Genauso ist es beim Wind, der über das ganze Land weht.
61 Wenn den Wolken von Gott befohlen wird, über die ganze Erde dahinzuziehen, so vollführen sie den Auftrag. Wird endlich das Feuer von oben ausgesandt, um Berge und Wälder zu verzehren, so tut es, was befohlen war.
62 Alldem kommen aber diese Götter weder an Erscheinung gleich noch an Kraft.
63 Daher kann man weder glauben noch behaupten, dass sie Götter sind; sie sind ja nicht imstande, Gericht zu halten oder den Menschen Gutes zu tun.
64 Da ihr nun wisst, dass sie keine Götter sind, so fürchtet sie nicht!
Hilflose Götterbilder: 6,65–72
65 Sie können den Königen weder fluchen noch sie segnen.
66 Sie lassen bei den Völkern keine Zeichen am Himmel erscheinen. Sie können nicht strahlen wie die Sonne noch leuchten wie der Mond.
67 Die Tiere sind besser daran als jene; denn sie können an einen schützenden Ort fliehen und sich selber helfen.
68 So ist uns auf gar keine Weise sichtbar, dass sie Götter sind. Darum fürchtet sie nicht!
69 Wie im Gurkenfeld eine Vogelscheuche, die nichts behütet, so sind ihre hölzernen, mit Gold und Silber überzogenen Götter.
70 Ebenso gleichen sie einem Dornbusch im Garten, auf den sich Vögel jeder Art niederlassen; oder auch einem Toten, der ins Dunkel geworfen ist, gleichen diese hölzernen, mit Gold und Silber überzogenen Götter.
71 Auch am Purpur und am Marmor, der an ihnen verrottet, erkennt ihr, dass sie keine Götter sind. Zuletzt werden sie selbst zerfressen und zum Gespött im Land.
72 Besser ist also ein gerechter Mensch, der keine Götterbilder hat; denn er ist sicher vor dem Gespött.